VdB kümmert sich um die Baustelle Wissenschaft.

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Wien - Manchmal herrscht im Wiener Rathaus schon Endzeitstimmung. Die nächste Gemeinderatswahl steht planmäßig zwar erst im Herbst 2015 an, aber zumindest zwischen Westbahnhof und Museumsquartier wird bereits heftig kampagnisiert; und die eine oder andere Weiche für die Zeit nach Rot-Grün I stellen die Koalitionäre auch schon. Oder sie versuchen es zumindest.

Zum Beispiel was Alexander Van der Bellen betrifft. 2010 war der frühere grüne Bundessprecher der Jolly Joker im Wahlkampf. 11.952 Vorzugsstimmen hatten ihn auf Platz eins der grünen Liste katapultiert. Mehr persönliche Kreuzerln bekam nur der Bürgermeister höchstselbst. Weil es aber nur einen grünen Stadtrat gab, und weil ein Gemeinderatsmandat irgendwie zu wenig prominent erschien, dachte man sich für den Professor eine neue Aufgabe aus: jene des Wissenschaftsbeauftragten. Ein Ehrenamt mit einem Jahresbudget von 210.000 Euro.

Kein Nachfolger

Als Van der Bellen im Sommer 2012 doch vom Parlament ins Rathaus wechselte, erklärte er, er halte dies mit seiner Rolle für unvereinbar. Ein halbes Jahr später revidierte er diese Ansicht wieder, nicht zuletzt weil sich einfach kein Nachfolger fand.

Nun beginnt die Zeit ein wenig knapp zu werden. Erstens ist überhaupt nicht klar, ob Van der Bellen in Wien noch einmal antreten wird. Er feierte kürzlich seinen 70. Geburtstag, in einem STANDARD-Interview bezeichnete er sich selbst bloß als "Hinterbänkler" im Rathaus. Das Amt des Wissenschaftsbeauftragten könnte er auch ohne Mandat behalten, aber wer weiß schon, ob nach der Wahl SP und Grüne wieder zusammenfinden, und wenn ja, ob sie diesen Beauftragten weiterhin für notwendig halten. Zumindest bei den Roten ist das durchaus umstritten - sie stellen mit Andreas Mailath-Pokorny ja den Wissenschaftsstadtrat, dann gibt es mit dem Biologen Michael Häupl einen einschlägig interessierten Bürgermeister, und viele Forschungsagenden liegen bei Vizebürgermeisterin Renate Brauner.

Gewicht auf kommunaler Ebene

Offiziell argumentieren die Grünen, gerade nach der Verschmelzung von Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium sei es wichtig, dem Thema auf kommunaler Ebene Gewicht zu geben. Ein bisschen weniger offiziell geht es auch darum, dem Wissenschaftsbeauftragten den Hautgout der eigens für Van der Bellen erfundenen Aufgabe zu nehmen.

Tatsächlich ist das Anforderungsprofil für seine Nachfolge ein wenig schwierig: Idealerweise wird jemand gesucht, der sowohl wissenschaftliche als auch politische Erfahrung vorzuweisen hat. Dann muss diese oder dieser Jemand einen Brotjob haben, der es ermöglicht, das Ehrenamt des Beauftragten erstens anzunehmen und ihm zweitens ausreichend Zeit zu widmen. 20 bis 25 Stunden pro Woche würde Van der Bellen im Durchschnitt schon investieren, heißt es in seinem Umfeld.

Mehr Uni in den Öffis

Bleibt die Frage: Was hat er in dieser Zeit eigentlich gemacht? Vor allem: geredet, vernetzt, für Studierende und Forscher lobbyiert. In verschiedenster Hinsicht: So betrieb Van der Bellen die Umbenennung des Karl-Lueger-Rings in Universitätsring. Darüber hinaus gab es allerhand Berichte und Studien, vergangenes Jahr etwa zur Wertschöpfung der Wiener Hochschulen.

Derzeit verhandeln Van der Bellen und sein Büro mit den Wiener Linien über ein besseres Sichtbarmachen von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in den Öffis. Stationsumbenennungen - etwa Wirtschaftsuniversität statt Krieau oder Technische Universität statt Karlsplatz - wären zwar zu aufwändig, aber zumindest bei den Durchsagen und den Hinweisschildern in den Stationen könne man die Hör- und Sichtbarkeit verbessern, etwa durch ein einheitliches Uni- und FH-Logo, meint Van der Bellen. Im Gegenzug würden die Unis auf ihren Drucksorten ihre öffentliche Erreichbarkeit stärker betonen.

Die Verhandlungen mit den Wiener Linien ziehen sich ein wenig; wie der STANDARD von einem Sprecher erfuhr, sollen die Stationsdurchsagen möglichst knapp bleiben, außerdem gebe es vielerorts ohnehin schon Hinweise auf größere Institutionen in der Umgebung der Station. Aber man bleibt im Gespräch - zumindest solange es den Wissenschaftsbeauftragten noch gibt. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 25./26.1.2014)