Wien - Das Verfahren Bawag gegen die Stadt Linz und vice versa ist im neuen Jahr so weitergegangen, wie es im alten aufgehört hatte. Mit streitbaren Anwälten, die einander nicht ausreden lassen, und einem Richter, der zur Ordnung rufen muss. "Vielleicht können wir das neue Jahr damit beginnen, dass jeder den anderen ausreden lässt", sagte Richter Andreas Pablik kurz nach Verhandlungsbeginn. Eine Stunde später legte er nach: "Wir werden gleich das System einführen mit Aufzeigen und nur, wer den Ball hält, darf reden."

Inhaltlich ging es am Freitag um die Klärung des weiteren Prozessverlaufs und die Bestellung eines Gutachters. Denn die Beweisanträge, die zuletzt eingebracht wurden, "können den Akt explodieren lassen", so Pablik. Zur Erinnerung: 2007 verkaufte die Bawag der Stadt Linz einen Zins-Währungstauschvertrag, um eine Anleihe in Franken abzusichern. Der Anstieg der Schweizer Währung hatte für die Stadt katastrophale Folgen, mittlerweile droht ein Schaden von etwa 510 Mio. Euro.

Der Richter appellierte ob der verfahrenen Situation daher erneut an die Parteien, einen Vergleich anzustreben. Just entspannte sich eine Debatte darüber, ob die Bawag für so ein Treffen zuerst Unterlagen vorzulegen hat, die die Anwälte der Stadt Linz begehren (um den von der Bawag in Rechnung gestellten Verlust von 417 Mio. Euro nachvollziehen zu können), oder man sich erst zum Reden treffe, um dann Unterlagen vorzulegen.

Dieses Hin und Her durchbrach Alexander Schall, Leiter der Bawag-Rechtsabteilung, indem er in Aussicht stellte, Unterlagen über 21 Optionen zur Verfügung zu stellen. "Schauen wir, was aus dem zarten Pflänzchen wird", schloss Pablik diesen Punkt. Schließlich gibt es mit Klaus Luger (SPÖ) einen neuen Linzer Bürgermeister - man könne ja, so Pablik, mal schauen, ob die Chemie stimme. "Wir hätten gerne ein schnelles Urteil, wenn ein Vergleich nicht möglich ist", fügte Bawag-Anwältin Bettina Knötzl an.

Streit über Gutachter

Für die Klärung der Frage, wie marktüblich der umstrittene Swap 4175 war und wie sehr dieser zur Optimierung des Schuldenportfolios der Stadt Linz dienen konnte, soll nun ein Sachverständiger beigezogen werden.

Die Linzer Anwälte haben sich für Christian Imo ausgesprochen. Er habe bereits im Strafprozess gegen den ehemaligen Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr und Ex-Finanzdirektor Werner Penn (es ging um den Vorwurf der Untreue, beide wurden im Dezember freigesprochen; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig) ein Gutachten erstellt und sei daher mit der Materie vertraut, erklärte der Linz-Anwalt Gerhard Rothner.

Die Bawag-Anwälte sprachen sich gegen Imo aus. Sie argumentierten, dass der Gutachter befangen sei. Das sei auch der Grund gewesen, weswegen Imo im Bawag-Verfahren gegen Ex-Bankchef Helmut Elsner und Co seine Funktion als Sachverständiger von sich aus zurückgelegt habe. Zudem sei die Bawag noch immer Gläubiger einer ehemaligen Firma von Imo, die in die Pleite geschlittert war. Pablik gab zu verstehen, dass er Imo nicht bestellen will. Er hat beide Parteien gebeten, jeweils drei Namen von Experten zu liefern. Er selbst habe zwei, drei Leute im Auge, und im Idealfall decke sich das mit den Vorschlägen.

Harte Worte

Im Strafverfahren gegen Penn und Mayr hat Imo jedenfalls mit einigen Aussagen aufhorchen lassen. Der Swap 4175 sei "in hohem Maße intransparent, hochspekulativ und nur schwer beherrschbar", sagte er dort. Das von der Bank verkaufte Produkt sei "exotisch", dafür gebe es auch keinen Markt, auch keinen OTC-Markt (außerbörslicher Handel, Anm.). Es sei auch zu einer "nicht korrekten Abbildung des Produktes in den Systemen der Bawag PSK" gekommen - "übersetzt heißt das, wenn du es nicht buchen kannst, bitte mach es nicht".

"Ein Produkt mit einem derartigen zerstörerischen Potenzial hat im Schuldenportfolio der öffentlichen Hand (...) nichts verloren. Da gibt es aus meiner Sicht kein Verständnis dafür", so der Gutachter. Weil das Produkt so hochsensibel sei, sei es auch nicht ausreichend, Penn nur quartalsmäßig Bericht zu erstatten. Das sei, "wie ins Messer laufen lassen". "Letztlich kommen wir zu existenziell bedrohenden Szenarien, die bis zu einer Milliarde gehen können", fasste Imo zusammen.

Ein Problem blieb am Freitag offen: Es gibt Pannen bei den Einvernahmeprotokollen. Die Frage wird also sein, ob der eine oder andere Zeuge erneut verhört werden müssen wird.  (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 25.1.2014)