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Bald werden die Türen der Generali Foundation in Wien zu und in Salzburg aufgehen.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Mit Verwunderung und Unverständnis haben wir die Entscheidung des Präsidiums der Generali Foundation (DER STANDARD vom 18. Jänner 2014) zur Kenntnis genommen, die Sammlung in das Salzburger Museum der Moderne (MdM) einzugliedern: Es scheint uns daher geboten, auf die Tragweite des Verlustes hinzuweisen, die die Schließung der Generali Foundation für das Wiener Kunst- und Kulturgeschehen bedeutet.

Verbindliches Programm

Mit der Generali Foundation ist in den letzten 25 Jahren nicht nur eine Sammlung, sondern ein unverwechselbares und inhaltlich verbindliches Programm aufgebaut worden; zuerst von der jetzigen Direktorin des Salzburger Museums der Moderne, Sabine Breitwieser, und in den vergangenen Jahren von der amtierenden Leiterin der Generali Foundation, Sabine Folie und ihren jeweiligen Teams.

Die Generali Foundation setzt sich bekanntlich aus der Sammlung, einem Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm, einer Bibliothek und einem Studienraum zusammen – sie ist ein Ort, der sich im Namen eines institutions- und gesellschaftskritischen Diskurses und der damit adressierten Öffentlichkeiten etablieren konnte und der nicht zuletzt durch diese seine Bedeutung erlangt hat. Neben lokalen und überregionalen Kunst- und Kulturszenen gehören dazu auch politische Akteure und Akteurinnen, Autoren und Autorinnen sowie Vermittler und Vermittlerinnen, deren Engagement und inhaltliche Beiträge zum internationalen Ruf der Generali Foundation beigetragen haben. Teil davon sind nicht zuletzt auch die Studierenden und Lehrenden der beiden in Wien ansässigen Akademien und Universitäten, die vom Programm, der Bibliothek und dem Studienraum der Generali Foundation profitieren konnten.

Aber das gilt auch umgekehrt: Es war immer auch die Präsenz einer partizipierenden Öffentlichkeit, ihre Bereitschaft zur Kooperation sowie ihr Engagement bei Konferenzen und Diskussionen, die die Generali Foundation belebt und bereichert haben. Kurzum: Hier ist eine spezifische öffentliche Struktur entstanden, die – wenn überhaupt – in produktiver Konkurrenz zu einer bekanntlich schrumpfenden Wiener Institutionslandschaft steht (siehe Bawag Foundation).

Gewinnerwartung

Ein solcher Kontext kann nicht so ohne weiteres an einen anderen Standort verpflanzt werden; außer es geht – neben dem nachvollziehbaren Versuch, die Sammlung zu sichern – auch um eine gewinnbringende Verwertung, wie es der Logik internationaler Konzerne entspricht.

Dass die Entscheidung des Präsidiums der Generali Foundation ohne vorheriges Ausloten der Möglichkeiten, wenigstens den Ausstellungs- und Studienraum vielleicht auch in anderer Trägerschaft zu erhalten, gefällt wurde, ist ein Schlag ins Gesicht derer, die sich vor sieben Jahren gegen den Ausschluss jeglicher öffentlicher Diskussion über die damals geplante Fusion der Generali und Bawag Foundation und die damit einhergehenden programmatischen und finanziellen Kürzungen in Form von Artikeln und Petitionen positioniert haben.

Keine Glaubwürdigkeit

Wenn dieses Prozedere nun in verschärfter, das heißt ungebrochen korporatistischer Form wiederholt wird, indem der so genannte Coup im Rahmen einer Presseerklärung kundgetan wurde, ohne dass die davon Betroffenen zuvor informiert wurden, so stellt dies die Glaubwürdigkeit einer Stiftung und eines Programms in Frage, die (angeblich) stets für eine (institutions-)kritische Auseinandersetzung mit kapitalistischen Aneignungsstrategien sowie für die Verteidigung einer kritischen Öffentlichkeit einstand.

Es stellt sich auch die Frage, in welcher Form öffentliche Museen in Österreich zukünftig mit privatwirtschaftlichen Einrichtungen kooperieren können oder müssen. Wie steht es um die langfristigen kulturpolitischen Folgen, die die Zusammenführung einer öffentlichen und einer privatwirtschaftlichen Institution in einer Hand bedeutet?

Wer kauft an?

Obliegt es zukünftig der Leitung des Museums der Moderne, Ankäufe für eine privatwirtschaftliche Sammlung zu tätigen, die auf diese Weise aufgewertet wird und nach Ablauf des befristeten Vertrages wieder abgezogen werden kann? Wie problematisch das vermeintliche Kompensieren von Defiziten in öffentlichen Sammlungen durch Dauerleihgaben ganz grundsätzlich ist, wurde in den vergangenen Jahren viel diskutiert. Warum in derzeitigen Kommentaren zum Thema solche Interessenspolitiken nur vereinzelt (wie etwa pointiert in Gottfried Fliedls Beitrag im Blog Museologien, siehe unten) angesprochen werden, ist uns ein Rätsel.

Wir sind uns dessen bewusst, dass die Sammlung im Besitz der Generali Versicherung AG ist: Gleichwohl fordern wir mit Hinweis auf die genannten Argumente und auch mit großem Respekt vor der Leistung und der Qualität, die Sabine Folie und ihr Team in den vergangenen Jahren erbracht haben, die Generali Versicherung AG auf, den Ausstellungs- und Studienraum für jene Öffentlichkeit zu erhalten, die diesen in produktiver Weise geprägt hat. (Anette Baldauf, DER STANDARD, 24.1.2014)