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Durch Gäste aus der Praxis werden Berufsperspektiven klarer.

Foto: apa/Neubauer

Liebe Posterinnen und Poster! Ich studiere einfach nicht, was Sie wollen, sondern was ich will. Das muss einmal gesagt sein. Und ja, ich studiere auch nicht, was die STEOP (Studieneingangs- und Orientierungsphase) will. Das ist natürlich eine spezielle Situation, und viele Kommilitoninnen können sich das nicht aussuchen und müssen im Plan bleiben. Das ist mir bewusst.

Wobei ich der Meinung bin, dass die STEOP für die Informatik an der Universität Wien sehr gut durchdacht und strukturiert ist. Sie liefert tatsächlich Orientierung und bringt Dinge in eine sinnvolle Reihenfolge. Das ist für Studentinnen und Studenten, die frisch aus der Schule kommen, sicher eine Hilfe. Sie hat auch Nachteile: zum Beispiel, dass im Vergleich zum Studienbeginn von vor 20 Jahren der Weg schon sehr klar vorgegeben ist, erhellende Umwege und Ausflüge in Nachbarmaterien sind kaum oder gar nicht vorgesehen, es herrscht Effizienzfieber, auch an den Unis.

Es ist gar nicht so leicht, sich da nicht anstecken zu lassen. Aber ich sage Nein, danke, liebe STEOP, war nett, dich kennenzulernen, aber ich brauche dich nicht. Ich habe schon einmal ein Studium abgeschlossen, und ich habe eine ziemlich klare Vorstellung, was ich von diesem Studium mitnehmen möchte – und was nicht. Das auf die Gefahr hin, dass ich es nicht abschließen könnte. Skandal! Eine Gratulation an dieser Stelle jetzt schon jenen, die das immer schon gewusst haben. Sogar vor mir, bravo!

Vielleicht aber schließe ich es auch ab, allein schon, um mir zu beweisen, dass ich das kann. Ich bin da sehr stur bisweilen. Egal. Jedenfalls möchte ich betonen, wie sinnvoll und großartig ich es finde, dass in einzelne Lehrveranstaltungen Gäste aus der Praxis mitgebracht werden. Das gab es vor 20 Jahren nicht. In meinem ganzen (Erst-)Studium bin ich an der Uni keiner außeruniversitär tätigen Historikerin, Germanistin oder Kunsthistorikerin begegnet. Außer dem Berufsbild "Lehrerin", von dem damals übrigens stark abgeraten wurde (da kriegst du NIE einen Job), gab es keine konkreten Vorschläge, was denn mit dem Gelernten anzufangen sei. Geschweige denn, dass da jemand in personam von seinen Erfahrungen im Berufsleben berichtet hätte.

Da besucht am Juridicum doch tatsächlich ein Richter (in diesem Fall vom Handelsgericht) die Vorlesung und gibt bereitwillig Auskunft über seine Tätigkeit. Nein, "Teamwork" sei das nicht gerade, eher "Einzelkämpfertum", ein einsames Geschäft, trotzdem möchte er zuraten. Die Studentinnen fragen sogar einmal nach, bekommen eine bessere Vorstellung vom Berufsbild. Ein anderes Mal stellt sich ein Patentanwalt vor. Er hat Chemie studiert. Dann nach fünfjähriger Praxis in einem Patentanwaltsbüro die kommissionelle Prüfung gemacht. Jetzt ist er ein gefragter Mann. Interessanter Beruf, interessante Kombination: ein naturwissenschaftliches/technisches Studium zum Beispiel. Informatik plus juristisches Spezialwissen auf europäischer Ebene. Haben Sie gewusst, dass es diesen Beruf gibt? Ich nicht. (Tanja Paar, derStandard.at, 23.1.2014)