John-Maynard-Keynes-Zitate fanden ihren Weg auf Tassen: Kathi Hofers Vehikel zum Nachdenken über Kreativität im neoliberalen Zeitalter.

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Wien - "Auf lange Sicht sind wir alle tot" hielt der britische Nationalökonom John Maynard Keynes 1923 fest. Im Vergleich zu den schwammigen Zukunftsprognosen anderer sei diese Voraussage zumindest definitiv. Seine Kritik galt den seiner Ansicht nach unverantwortlichen positiven Voraussagen. Dem Begriff Risiko stellt er die Unsicherheit (" keynesianische Unsicherheit") gegenüber: "We simply do not know". Die Auswirkungen massenpsychologischer Aspekte seien unvorhersehbar; daher könne man nicht mit mathematischen Formeln auf künftige Erträge rückschließen.

Keynes, der Ökonom der Weltwirtschaftskrise, scheidet bis heute die Geister, seine Theorien werden höchst unterschiedlich bewertet: von brandgefährlich bis moralisch und philosophisch. Künstlerin Kathi Hofer, die Begriffe aus seinem Aufsatz The State of Long-Term Expectations für ihre neueste Arbeit verwendet hat, ist gar nicht an einer Neubewertung gelegen. Vielmehr nutzt sie die Begrifflichkeiten eher als assoziative Vehikel, um über eigene Zukunftserwartungen nachzudenken - die Schau, Hofers erste in einer kommerziellen Galerie, heißt New Year's Resolutions.

Dem Spekulativen gibt Hofer etwa die Gestalt von Geschenkpackerln. Arrangiert als Kreislauf von Waren oder Geld, stellt sie diesen leere Gefäße (Büroartikel und Kaffeetassen als Accessoires des schreibenden Prekariats und der Kreativen) zur Seite und steuert Begriffe von Keynes bei. Auch diese Arbeit verknüpft sich mit Hofers 2012 im Mak bearbeiteter "Kreativblockade": Sie fragt sich sehr richtig, ob Kreativität und der Imperativ der steten Selbstverbesserung nicht bereits in Richtung neoliberaler Ökonomisierung des Subjekts gehen. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 23.1.2014)