Am Kernforschungszentrum CERN haben Forscher im Rahmen des Antimaterie-Experiments ASACUSA erstmals einen Strahl aus Antiwasserstoff-Atomen hergestellt.

Foto: CERN/Yasunori Yamakazi

Wien - Wissenschafter am Kernforschungszentrum CERN haben erstmals einen Strahl aus Antiwasserstoff-Atomen erzeugt. Der vorerst noch schwach ausgeprägte Strahl könnte in Zukunft dabei helfen, eines der größten Rätsel des Universums zu lösen: Warum gibt es nicht mehr Antimaterie im Kosmos?

Jedes Elementarteilchen hat ein entsprechendes Gegenstück: zum negativ geladenen Elektron gibt es das positiv geladene Positron, zu jedem Quark ein Antiquark. Das Standardmodell der Teilchenphysik geht von einer perfekten Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie aus - die Physiker nennen dies CPT-Symmetrie. Konkret bedeutet dies, dass die Teilchen und ihre Antiteilchen gleiche Massen, Lebensdauer und gleich große, aber entgegengesetzte Ladung haben.

Die Theorie hat nur einen Haken: Hätte dies auch bei der Geburt des Universums gegolten, dann wäre beim Urknall gleich viel Materie und Antimaterie erzeugt worden. In der Folge hätte sich die gesamte existierende Materie sofort wieder vernichtet - und das Universum würde in der derzeitigen Form nicht existieren. Daher sind Teilchenphysiker seit Jahrzehnten auf der Suche nach diesem winzigen Bruch in der Symmetrie, der dafür verantwortlich ist, dass es uns und den ganzen Rest überhaupt gibt.

Hinweise dafür fanden Wissenschafter schon in den 1950er und 1960er Jahren, als bestimmte Symmetriebrüche bei einigen Elementarteilchen festgestellt wurden. "Die Stärke der beobachteten Symmetrieverletzung reicht jedoch bei weitem nicht aus, um die Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie im Universum zu erklären", meint Eberhard Widmann, Direktor des Stefan-Meyer-Instituts für subatomare Physik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Antiwasserstoff als Schlüssel zu Lösung

Besondere Hoffnung setzen die Physiker deshalb auf die Untersuchung von Antiwasserstoff, da sein Gegenstück, der Wasserstoff, experimentell besonders gut untersucht ist. Der Vergleich der Messergebnisse von Antiwasserstoff und Wasserstoff ermöglicht daher einige der empfindlichsten Überprüfungen der Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie. Und das ist ausgesprochen schwierig, denn Antimaterie muss, damit sie nicht mit Materie in Berührung kommt, durch starke Magnetfelder in Schwebe gehalten werden. Diese Magnetfelder verhindern allerdings die Analyse bestimmter Antimaterieeigenschafte wie das magnetische Moment.

Einem Team von Wissenschaftern aus Japan, Österreich, der Schweiz und Italien ist nun die Herstellung eines Strahls von Antiwasserstoff-Atomen gelungen. Sie konnten im Rahmen des ASACUSA-Experiments am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf Antiwasserstoffatome in einem Abstand von 2,7 Meter vom Ort der Produktion und damit ohne störenden Einfluss äußerer Magnetfelder beobachten. Noch ist der Strahl allerdings recht schwach: "Wir haben derzeit etwa 20 Atome pro Stunde, brauchen allerdings ein paar hundert pro Stunde und müssen zudem exakt über deren Qualität Bescheid wissen", sagte Widmann. Er schätzt, dass die Wissenschafter dafür noch ein, zwei Jahre benötigen werden. (APA/red, derStandard.at, 21.1.2014)