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Martin Haselböck, Leiter der Wiener Akademie.

Foto: Archiv

Wien - Martin Haselböck sieht sein historisch informiertes Orchester, die Wiener Akademie, als freie Gruppe, die darum ringt, im Wiener Subventionsmilieu zu überleben. Da der Organist und Dirigent international gut vernetzt ist, gelingen ihm allerdings seit Jahren dennoch ganz erstaunliche Projekte. So wurden die Giacomo Variations (im Ronacher mit Hollywood-Mime John Malkovich uraufgeführt) nun verfilmt und harren der Präsentation "bei einem der großen Filmfestivals". Regisseur Michael Sturminger hat im Streifen neben Malkovich auch Opernstars wie Jonas Kaufmann und Anna Prohaska zu betreuen.

Ein anderes Projekt mit Malkovich musste indes auf 2015 verschoben werden. "Call me God handelt von einem Diktator und ist für Schauspieler, Orgel und Elektronik konzipiert. Zur Verschiebung kam es, weil Malkovich einen Film in Puerto Rico dreht. Wir haben aber mit ihm nun schon 150 Abende absolviert", weshalb eine Pause womöglich ihre angenehmen Seiten hat.

Sitzen, wo Bach saß

Haselböck selbst, der in Los Angeles auch das Barockensemble Musica Angelica leitet, braucht sich um Abwechslung nicht zu sorgen. Ihn treibt ohnedies vor allem die (um authentische Rahmenbedingungen kreisende) Beschäftigung mit der Musikhistorie um: "Für mich als Organisten ist es einfach faszinierend zu wissen: Auf dieser Orgelbank hat Bach schon seinen Hintern draufgehabt! Das ist ein besonderes Gefühl. Da nützt es nichts zu klagen, wir würden heute anders hören."

Und wenn "du in einem Saal spielst, in dem Beethoven gewesen ist und du hast dieselbe Anzahl an Musikern, dieselben Instrumente und dieselbe gefühlsmäßige akustische Umgebung", dann böte dies ein nicht mehr zu überbietendes Maß an Nähe zum Original.

Diese Nähe strebt Haselböck an - auch mit einem anderen Projekt: "Wir wollen sämtliche Orchesterwerke Beethovens an Orten der Erst- und Uraufführungen präsentieren. Da ist auch der Landhaussaal in der Herrengasse dabei, den keiner kennt. Sony wird das mitschneiden." Nicht als Teil des Projekts, aber als Teaser, der neugierig machen darf, könnte man die Aufführung der Missa Solemnis beim Osterklang im Theater an der Wien (16. 4.) verstehen, so Haselböck, der jedoch, was die Finanzierung solcher Projekte anbelangt, Risiko gewohnt ist.

"Deshalb reicht es mir manchmal in Wien! Hier ist man, was Publikum anbelangt, zwar auf einer Insel der Seligen. Aber man merkt jetzt, dass das Subventionswesen an der Wand steht. Die meisten Gelder sind für die großen Kulturtanker wie die Vereinigten Bühnen und die Bundestheater verplant, und auch die stehen an der Wand. Es wäre deshalb wichtig, im Steuerbereich etwas für die Absetzbarkeit von Sponsorengeldern zu tun. Es gäbe ja Leute, die spenden wollen, dies würde die Subventionsgeber entlasten. Die 41.000 Euro im Jahr, die wir als Orchester bekommen, sind ja ein Bruchteil dessen, was nötig wäre; das System braucht Wandel. Das Ermöglichen von steuerlicher Absetzbarkeit weckt bei der öffentlichen Hand natürlich auch Ängste vor Kontrollverlust."

Das neue Regierungsprogramm hat zwar diesbezüglich etwas in Aussicht gestellt. Haselböck befürchtet jedoch, dass die Absetzbarkeit nur jenen Institutionen zugutekäme, die quasi "von der öffentlichen Hand geführt werden". Vielleicht ein Missverständnis. Haselböck hat Kanzleramtsminister Josef Ostermayer jedenfalls einen Brief geschrieben, um auf die bestehenden und die sich womöglich verstärkenden Förderungleichgewichte zwischen freier Szene und Großinstitutionen hinzuweisen. Man wird sehen. Vielleicht führt die Begegnung mit dem Klang der Wiener Akademie zu Politeinsichten - der Brief enthält auch die Einladung zum Konzertbesuch.

Womöglich muss aber auch John Malkovich an Herrn Ostermayer einen Brief schreiben, um der Dringlichkeit der Sponsorenthematik Nachdruck zu verleihen. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 22.1.2014)