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Neue Unternehmen sollen sprießen, wünscht sich der Gesetzgeber genauso wie die Kammer.

Foto: APA/Patrick Seeger

Alle Mängel der GmbH light wurden vor ihrer Einführung im vorigen Jahr aufgezeigt: Täuschung der Geschäftspartner, die zwischen einer Alt-GmbH mit Stammkapital von 35.000 Euro und einer Billig-GmbH mit Stammkapital von nur 10.000 Euro nicht unterscheiden können, Anreize zur steuerbegünstigten "Entkapitalisierung" von zehntausenden Alt-GmbHs durch steuerfreie Kapitalherabsetzung, dadurch hohe Ausfälle an Kapitalertragsteuer.

Was SPÖ und ÖVP 2013 nicht hören wollten, mussten sie Anfang 2014 schmerzlich zur Kenntnis nehmen: Der Steuerausfall von 45 Mio. Euro Mindest-KöSt pro Jahr werde sich von 2014 bis 2016 um 115 Mio. Euro Kapitalertragsteuer erhöhen, rechnete das Finanzministerium den vom Budgetloch überraschten Politikern vor.

Damit hatte der GmbH light Ausgabe 2013 die Stunde geschlagen. Das Justizministerium nutzte die Gelegenheit, auch die gesellschaftsrechtliche Welt wieder in Ordnung zu bringen: Künftig beträgt das Stammkapital wieder einheitlich 35.000 Euro. Fiskalischer Nebeneffekt: Die Mindest-KöSt beträgt wieder 1.750 Euro pro Jahr.

Gründungsprivilegierung

Dennoch kann eine GmbH light unverändert mit einer Mindesteinzahlung von 5000 Euro (anstatt 17.500) gegründet und die weitere Einzahlungsverpflichtung ebenfalls mit 5000 Euro begrenzt werden. Diese "Gründungsprivilegierung" dauert maximal zehn Jahre. Bis dahin muss auf 17.500 Euro aufgestockt werden, durch Einbehalten von 25 Prozent des Jahresgewinns oder durch Einlagen der Gesellschafter. Andernfalls haften die Gesellschafter ab dem elften Jahr bei Exekution gegen die GmbH oder Konkurs in Höhe der Differenz auf das Stammkapital, maximal für 25.000 Euro; wollen sie dies nicht, müssen sie die GmbH vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist liquidieren oder in ein Personenunternehmen mit unbeschränkter Haftung umwandeln.

Alles in allem ein brauchbarer Kompromiss, sind sich die Gesellschaftsrechtler einig, die an der GmbH light 2013 kein gutes Haar ließen. Von der Politik angedeutete Änderungen im Entwurf dürften laut Finanzministerium den Kern der Novelle nicht verändern.

Mindesteinzahlung

Der Politikerwunsch, auch kapitalschwachen Gründern den Einstieg zu erleichtern, bleibt erfüllt: Die Mindesteinzahlung beträgt unverändert 5.000 Euro. Vor der schwachen Eigenkapitalbasis werden Geschäftspartner durch den Firmenzusatz "gründungsprivilegiert" gewarnt. So bleibt das Renommee der Alt-GmbHs mit hohem Stammkapital unbeschädigt. Da das Stammkapital wiederum 35.000 Euro beträgt, gehört der Schildbürgerstreich, zur steuerfreien Eigenkapitalreduktionen anzureizen, der Vergangenheit an.

Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl blies sogleich zum Abwehrkampf gegen die zweite, verbesserte Auflage der GmbH light: "Die Rücknahme ist völliger Unsinn". Dabei verdrängt er, dass die Gründungserleichterung mit 5000 Euro gerade nicht zurückgenommen wird. Die Auffüllungsverpflichtung hält Leitl für "unrealistisch und sinnlos". Doch ein Unternehmen, das über zehn Jahre nicht 1250 Euro pro Jahr zurücklegen kann, braucht kaum die beschränkte Haftung. Diese spielt bei Kleinfirmen eine untergeordnete Rolle. GmbHs kosten mehr als Personenunternehmen, weil sie eine Bilanz aufstellen und zum Firmenbuch einreichen müssen. Weitere Zusatzkosten sind die Mindest-KöSt und die bei GmbHs höheren Kammerumlagen. Die hat Leitl für die Billig-GmbH nicht reduziert.

Zwar wurden 2013 laut KSV um 20% mehr GmbHs als 2012 gegründet und davon waren 46 Prozent GmbHs light; dafür wurden aber weniger Personenunternehmen eingetragen, sodass die Neueintragungen von Unternehmen insgesamt nur um vier Prozent gestiegen sind. Dies liegt innerhalb üblicher Schwankungsbreiten und indiziert keinen Gründungsboom. Die GmbH light hat nicht die Unternehmen, sondern nur die GmbHs vermehrt. Anders als seltene Tierformen verdienen Gesellschaftsformen aber keinen Artenschutz. Gefördert wurde lediglich die beschränkte Haftung bei Unternehmen, die sonst mit unbeschränkter Haftung gegründet worden wären.

Andere Steuergiftpillen

Zuletzt ortet Leitl "einen Standortnachteil für Österreich". Doch die Mehrhaftung von 20.000 Euro, die das neue Modell gegenüber der alten GmbH light bewirkt, wird internationale Investoren kaum abschrecken. Schon eher die Steuergiftpillen, die die Koalition verabreichen will: erneute Demonstration der Unberechenbarkeit des heimischen Steuerrechts durch erneute Verschlechterung der Gruppenbesteuerung, Steuernachteile für grenzüberschreitende Konzernfinanzierungen und vor allem der Ausschluss der Absetzbarkeit von Managerbezügen über 500.000 Euro, die außer in den USA und Indien nirgends beschränkt wird. Ganz zu schweigen von den in Standort-Rankings stets beklagten bürokratischen Hemmnissen wie den Zugangsbarrieren der Gewerbeordnung. Doch dazu schweigt Leitl. (Hanns Hügel, DER STANDARD, 22.1.2014)