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Pier Carlo Padoan

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STANDARD: Internationale Organisationen warnten zuletzt vor einer Spirale sinkender Preise in Europa. Sehen Sie dieses Risiko auch?

Padoan: Es gibt ein Deflationsrisiko, ich weiß aber nicht, wie groß es ist. Zwei Faktoren machen mir Sorgen: Die Inflation in der gesamten Eurozone geht zurück und näherte sich zuletzt 0,7 Prozent an. Sie lag damit deutlich unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank von annähernd zwei Prozent. Zweitens sinken die Preise in einigen südeuropäischen Ländern, insbesondere in Griechenland. Das lässt die Alarmglocken schrillen.

STANDARD: Welche negativen Folgen befürchten Sie?

Padoan: Deflation schadet dem Anpassungsprozess in der Euro-Peripherie. Wenn das nominelle Wachstum sinkt, steigt die Verschuldungsquote trotz fiskalischer Anpassung. Außerdem werden bei sinkenden Preisen Investitionen und Kaufentscheidungen aufgeschoben.

STANDARD: Was sollte die Europäische Zentralbank dagegen unternehmen?

Padoan: Die EZB sollte den Prozess genau beobachten und die Entwicklung antizipieren. Wenn man erst einmal in der Deflation drinnen ist, ist es zu spät. Die EZB sollte darauf vorbereitet sein, neue Maßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen negative Einlagenzinsen, die dazu führen sollen, dass die von der Zentralbank geliehenen Gelder auch tatsächlich in der Realwirtschaft ankommen. Es sollten aber auch neue Maßnahmen ergriffen werden. Dazu zählt ein Quantitative Easing auf europäische Art. Damit meine ich massive Interventionen auf den Sekundärmärkten. Das wäre ein starkes Signal, dass die EZB innerhalb ihres Mandats alles unternimmt, was notwendig ist. Außerdem könnte man über eine Ausweitung des Mandats nachdenken und auch an den Primärmärkten eingreifen - das entspricht dem, was die Fed und einige andere Zentralbanken machen. (as, DER STANDARD, 22.1.2014)