Wien - Reform-Initiativen, die seit langem den Kurs der römisch-katholischen Kirche kritisieren, sehen sich in den Ergebnissen der Vatikan-Umfrage zu Familien-Themen bestätigt. "Es ist das, was wir an der Basis wahrnehmen", sagte etwa Helmut Schüller von der Pfarrer-Initiative am Dienstag zur APA. Hans Peter Hurka von Wir sind Kirche sieht bei den Bischöfen und im Vatikan "extremen Handlungsbedarf".

Schüller geht davon aus, dass sich die Ergebnisse in Österreich auch weltweit widerspiegeln würden. Die für den Herbst anberaumte Familiensynode im Vatikan, zu deren Vorbereitung der Fragebogen ausgeschickt worden war, müsse sich ernsthaft mit dieser "Grunddiskrepanz" zwischen kirchlicher Lehre und realem Leben beschäftigen. Er geht sogar davon aus, dass das nun vorliegende Datenmaterial eine einzelne Synode "sprengen" könnte.

Der Pfarrer-Initiative sind die Fragen, die der Vatikan in seinem Fragebogen gestellt hat, aber noch nicht genug. "Es gehört noch tiefer gefragt", meint Schüller, der bereits eine eigene Erhebung unter Österreichs Katholiken für dieses Jahr angekündigt hat. Er will unter anderem wissen: "Was hat sich an Veränderungen abgespielt? Wie können wir die jetzigen Ergebnisse nachvollziehen?"

"Nichts neues"

Wenig überrascht über die Antworten zeigt sich auch "Wir sind Kirche". "Das, was da herauskommt, ist nicht neu, sondern altbekannt. Jetzt ist es offensichtlich", meint Vorsitzender Hurka. In Rom müsse man nun "vernünftige Schlüsse ziehen". Hurka würde es zudem gerne sehen, wenn bei der anstehenden Familiensynode nicht nur Bischöfe, sondern auch "Männer und Frauen aus dem Leben" teilnehmen würden. Er fordert auf Basis der Ergebnisse auch von der Kirche, wiederverheiratete Geschiedene und homosexuelle Menschen voll ins gemeinschaftliche Leben zu integrieren.

Hoffnung setzen beide Initiativen nun in den anstehenden Ad-limina-Besuch der Bischöfe in Rom. "Die Bischöfe werden bestätigen müssen, was die Fragebögen sagen", erwartet sich Schüller und setzt auf den neuen Papst Franziskus. Bisher hätte man bei derartigen Besuchen in Rom "bestätigt, was Rom hören wollte". Zudem erhofft sich Schüller auch generell, dass die Bischöfe nach der Visitation den verhältnismäßig liberalen Kurs des Papstes nach Österreich tragen könnten.

Auch für Hurka könnte der Ad-limina-Besuch der "Startschuss der österreichischen Kirche in Richtung Selbstständigkeit" sein. Diese müsse begreifen, dass sie kein Selbstzweck sei, sondern Dienst an den Menschen zu leisten habe. (APA, 21.1.2014)