In Sachen E-Mobilität auf zwei Rädern ist Österreich vorne mit dabei – nicht zuletzt wegen des Johammer, eines futuristischen Käfers auf Volt

Da hilft alles nix, der Johammer schaut aus wie ein großer Käfer mit Rollator. Aber ob neue Designs der Durchbruch sind, weiß man vorher nie. Ein anderer Käfer hat es ja zu viel Ruhm gebracht, während der letzte Ford Scorpio oder der Fiat Multipla immer noch als Designniederlagen gelten. Oder wie sehr wurde Chris Bangle geliebt und angespuckt zugleich. Darum lassen wir es einmal dabei, dass der Johammer arg ausschaut. Warten wir, ob wir uns noch daran gewöhnen.

Foto: Johammer

Konventionelles Design, die schlichte Elektrifizierung eines Motorrades statt der Neuerfindung war natürlich ein Teil der Überlegungen von Firmengründer Johann Hammerschmid: "Dabei würde aber nichts Neues entstehen", ist er überzeugt, "Altes brauchen wir nicht mehr – und wenn es eine Sünde gibt, dann sind das neue Technologie im alten Kleid." Er holt tief Luft und setzt nach: „Außerdem würde es mir keinen Spaß machen."

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Die Idee dazu, ein E-Motorrad zu bauen, kam aus der Verlegenheit heraus, mit dem eigenen Automobilzulieferer-Unternehmen einen neuen Kunststoff entwickelt zu haben, den der Auftraggeber dann letzten Endes doch nicht brauchen konnte, weil er seine Strategie änderte. Das Material war jetzt aber schon erfunden: ein Kunststoff aus recyclingfähigem Material, der besonders tragfähig ist. Hammerschmid hatte alles, um ihn zu erzeugen, also suchte er selbst nach einem Einsatzzweck. "Ich hatte den Wunsch, selbst ein Fahrzeug zu bauen", sagt er und ist heute froh, dass ihm das Geld für die Entwicklung eines mehrspurigen Fahrzeugs fehlte und er den Biiista entwickelte.

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So heißen die ersten 54 Proto- und Vorserientypen. "Den Namen lassen wir in der ersten Serie auch so", erklärt der Oberösterreicher aus Bad Leonfelden, um den Early Adoptern auch wirklich etwas Erhaltungswertes in die Hand geben zu können. Early Adopter sind auch die Zielgruppe für die 50 Johammer, die heuer produziert werden. "Wir richten uns damit an Leute, die das Besondere suchen und auch das Geld haben, sich das leisten zu können." Das sind nicht unbedingt Motorrad-affine, das sind durchaus Menschen ohne A-Schein, oder solche, die den Helm schon vor Jahren an den Nagel hängten, aber beim Flüstercruiser, der 30 Kilometer nördlich von Linz produziert wird, wieder feuchte Augen bekommen.

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"Einen Cruiser zu bauen war offensichtlich das Schwierigste", erklärt Johann Hammerschmid, erinnert an Offroader und Gebückte, die es schon mit E-Antrieb gibt. Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund, wenn er die Konkurrenz analysiert – aber auch nicht, wenn er eigene Schwächen erläutert, die er in naher Zukunft ausmerzen möchte, wie die bereits verkauften Biiista vor der Auslieferung noch auf den neuesten Stand der elektronischen Steuerung zu bringen, damit die ganze erste Serie die gleich gute Leistung bringt.

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Dabei hat er den Cruiser schon komplett neu erfunden, wirklich gewachsene Strukturen schlicht nicht berücksichtigt. "Wenn wir nur einen E-Motor in ein Motorrad hängen, dann erinnert mich das an die ersten Automobile, die Kutschen ohne Pferde waren", erklärt Johann Hammerschmid. Darum hat der Johammer auch keinen Motorradrahmen im herkömmlichen Sinn, sondern eine Aluwanne trägt zwei horizontal gelagerte Federbeine und die Akkus. Dazu gibt es eine Radnabenlenkung und statt von einem zentral angebrachten Mäusekino liest der Fahrer die relevanten Informationen von Displays in den Rückspiegeln ab.

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Wenn man denn unbedingt muss, dann kann man den Johammer mit einer 350er vergleichen. Aber Johann Hammerschmid mag diesen Vergleich mit den Verbrennungsmotoren – "einer Technologie, die über Jahrzehnte gereift ist" – nicht, weil man nur in den Bereichen vergleicht, wo die neue Technologie verliert, während man das Neue, was der E-Antrieb besser kann, schlicht vernachlässigt. Warum die Vergleiche hinken, sieht man schon, wenn man allein die technischen Daten solcher Motoren vergleicht. Um die 30 kW würde ein Einzylinder schon stemmen – 11 kW sind es beim Johammer-Motor. Ganz, ganz anders schaut das Bild aber beim Drehmoment aus: 30 Newtonmeter aus dem Benziner müssen sich mit 222 Newtonmetern vergleichen lassen, die der permanent erregte Synchronmotor am Hinterrad anlegt.

Foto: Johammer

Johammer gibt es mit drei unterschiedlichen Akkus, was einmal in einer Reichweite von 100, einmal von 150 und einmal von 200 Kilometer resultiert. Zum Laden bis 80 Prozent brauchen die Akkus zwischen 50 Minuten und dreineinhalb Stunden – je nach Akkukapazität und Ladestrom. Und was kostet die Gaude des bis zu 120 km/h schnellen E-Cruisers? Zwischen 20.000 und 25.000 Euro. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 20.01.2014)

Link:
www.johammer.com

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