Zwei von vier Elternpaaren trennen sich. Das besagt zumindest das möglicherweise nicht ganz repräsentative Sample eines Übernachtungs-Matratzenlagers im Kinderzimmer. Kind eins dieser insgesamt vier Kinder, ein Einzelkind, hat eine intakte Elternbeziehung. Die Eltern sind schon lange zusammen, allerdings nie verheiratet gewesen. Auch bei Kind zwei sind die Eltern noch zusammen und waren auch nie verheiratet. Hier gibt es allerdings zwei ältere Halbgeschwister aus einer vormaligen Beziehung eines Elternteils. Von Kind drei sind die Eltern seit Jahren getrennt. Mittlerweile gibt es ein jüngeres Halbgeschwister aus einer nächsten Beziehung eines Elternteils und noch einmal ein Stiefgeschwister aus einer übernächsten. Die Eltern von Kind vier sind geschieden und beide wieder mit neuen Partnern, Halbgeschwister gibt es derweilen keine, dafür einen kleinen Onkel innerhalb der Familie, der nicht einmal halb so alt ist wie die Nichte (Kind vier), deren Großvater ihr diesen Onkel beschert hat.
Wer nicht heiratet, bleibt zusammen?
Verlegen wir die Welt von heute kurz in dieses Kinderzimmer. Was ließe sich aus diesem Minimundus-Sample ableiten? Wer nicht heiratet, bleibt länger zusammen? Wer weiß, vielleicht stimmt das. Erhöht sich die Chance, dass eine Beziehung hält, wenn frühere Beziehungen (mit Kindern) schon einmal gescheitert sind? Schaut auch nicht immer danach aus (siehe Kind drei). Fest steht nur eines: Wir haben es mit einer ganz schönen Artenvielfalt zu tun. Demografischer Wandel und Generationensprünge (siehe kleiner Onkel), Individualisierungstendenzen und das Konzept oder besser gesagt die Konzepte (Mehrzahl!) romantischer Liebe (siehe die Eltern von Kind eins bis vier) sind in den meisten Fällen stabilen Verhältnissen nicht immer zuträglich. Aber auch ganz neue Formen des Familienlebens (siehe gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern, noch nicht im Kinderzimmer-Sample enthalten) haben unsere Familienbilder verändert. Die neue Familienministerin spricht dieser Tage viel von Wahlfreiheit. Alle Modelle, Familie zu leben, sagt sie, sollen gleichwertig sein. Aber bitte nicht nur auf Familien-Erwerbsmodelle und Kinderbetreuung bezogen. (Mia Eidlhuber, derStandard.at, 19.1.2014)