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Vitali Klitschko unter einer Schicht Löschpulver eines Feuerlöschers.

Foto: Reuters/Garanich

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Ukrainer am Unabhängigkeitsplatz in Kiew.

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Kiew/Moskau - Bei Ausschreitungen zwischen ukrainischen Regierungsgegnern und der Polizei sind in Kiew mehr als 20 Angehörige der Sicherheitskräfte verletzt worden, davon vier schwer. Etwa zehn Milizionäre würden im Krankenhaus behandelt, teilte das Innenministerium am Sonntag mit.

Radikale Kräfte der pro-europäischen Opposition um den Politiker und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko versuchten, mit Knüppeln Polizeiabsperrungen im Regierungsviertel zu durchbrechen. Klitschko verurteilte die Gewalt und mahnte zur Ruhe. Die Polizei setzte Blendgranaten, Tränengas und am späten Abend auch einen Wasserwerfer ein - bei etwa minus acht Grad Celsius.

Klitschko mit Feuerlöscher besprüht

Zu den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und Polizei kam es nach neuen Massenprotesten gegen die pro-russische Staatsführung. Hunderte mit Holzknüppeln ausgerüstete und mit Masken vermummte Oppositionelle wollten am Sonntag eine Polizeiabsperrung durchbrechen. Sie versuchten, in das Regierungsviertel vorzudringen und das Parlamentsgebäude zu stürmen. Ein Bus ging in Flammen auf.

Klitschko wurde angegriffen, als er versuchte, die wütende Menge zu beruhigen, wie Medien berichteten. Demnach wurde er mit einem Feuerlöscher besprüht.

Die Demonstranten zündeten Feuerwerkskörper. Klitschko forderte die Jugendlichen zur Ruhe und zu Verhandlungen mit der Polizei auf. Einige warfen Steine auf die Polizisten. Bei einer Live-Übertragung des Internetfernsehsenders hromadske.tv war zu sehen, wie Tränengasgranaten abgefeuert wurden und Rauch durch das Zentrum zog.

Buhrufe

Zahlreiche Demonstranten hatten kurz zuvor auf einer Massenkundgebung auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz ihren Unmut darüber gezeigt, dass die Opposition nach zwei Monaten des Protestes keine Ergebnisse vorweisen könne. Bis zu 100.000 Menschen hatten gegen demokratische Rückschritte in der Ex-Sowjetrepublik demonstriert.

Insbesondere gegen Klitschko gab es Buhrufe bei der Kundgebung. Er steht in der Kritik, ohne Plan und unentschlossen zu handeln und die zersplitterte Opposition nicht einigen zu können. Der Boxer hatte sich immer wieder für einen friedlichen Machtwechsel ausgesprochen.

Auch der prominente Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk warnte vor einem "blutigen Machtwechsel". Der Wandel müsse auf friedlichem Wege erreicht werden, sagte er.

"Wir brauchen einen Anführer"

Nach Meinung von Beobachtern fordern aber vor allem jüngere Demonstranten rasche Veränderungen. "Wir brauchen einen Anführer, der uns heute und jetzt zum Sieg führt. Wir brauchen einen Namen", sagte Dmitri Bulatow, einer der führenden Köpfe der Straßenproteste.

Als Chef seiner Partei Udar (Schlag) forderte Klitschko erneut vorgezogene Präsidentenwahlen, um Staatschef Viktor Janukowitsch abzulösen. Unter Protest auch der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hatte das Parlament zuvor mehrere umstrittene Gesetze gegen Regierungsgegner verabschiedet.

Menschenrechtler kritisierten diese Verschärfung der Gesetze gegen Andersdenkende als schwersten Rückschritt in der Ex-Sowjetrepublik seit Jahren. "Diese Veränderungen sind ein ernster Schlag gegen die grundlegenden Freiheiten", sagte die Ukraine-Expertin der Organisation Human Rights Watch (HRW), Julia Gorbunowa, einer Mitteilung vom Samstag zufolge. So steht erstmals seit 2001 wieder Verleumdung unter Strafe.

Fünf Jahre Haft

Einschnitte gibt es auch beim Demonstrationsrecht und für die Internetnutzung. Bei Blockaden von Verwaltungsgebäuden etwa drohen nun bis zu fünf Jahre Haft. Die Demonstranten halten seit mehr als einem Monat das Bürgermeisteramt und das Gewerkschaftshaus besetzt. Auch die EU und die USA hatten die vom Parlament in Kiew im Eiltempo durchgepeitschten Gesetze kritisiert.

Zu den Protesten war es ab November gekommen, nachdem Janukowitsch ein mit der EU sieben Jahre lang ausgehandeltes Assoziierungsabkommen auf Eis gelegt hatte. Nach Kritik Russlands an dem Abkommen verweigerte Janukowitsch Ende November die Unterschrift. Kurz danach erhielt die Ukraine von Russland Milliardenhilfen zur Rettung vor dem Staatsbankrott. Seitdem das russische Geld fließt, sinkt die Proteststimmung in dem Land.(APA, 19.1.2014)