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Der Tatort in Beirut am 14. Februar 2005: Die Bombe, die 22 Menschen tötete, riss einen riesigen Krater. Ziel des Anschlags war Expremier und Tycoon Rafik al-Hariri. Fast neun Jahre nach der Tat beginnt nun der Prozess in absentia gegen mehrere Hisbollah-Mitglieder.

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Im Gerichtssaal wurde der Tatort nachgebaut.

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Die konfessionell motivierte politische Gewalt ist zurück im Zedernstaat - neu angefacht durch den Bürgerkrieg im benachbarten Syrien. Am Donnerstagmorgen zündete in Hermel nahe der syrischen Grenze, einer Hochburg der schiitischen Hisbollah, ein Selbstmordattentäter wieder eine Autobombe. Drei Menschen starben, zwei Dutzend wurden verletzt. Niemand bekannte sich, aber die Vermutung liegt nahe, dass sunnitische Extremisten vom Schlage der Al-Kaida wie in ähnlichen Fällen in den letzten Wochen die Urheber sind. Hisbollah kämpft in Syrien an der Seite Bashar al-Assads. Die Sunniten unterstützen die Aufständischen.

Die politischen Gräben im Libanon sind heute noch genau dieselben wie im 14. Februar 2005, als im Stadtzentrum von Beirut 2,5 Tonnen Sprengstoff explodierten und den Milliardär und Ex-Premier Rafik Hariri sowie 21 weitere Menschen in den Tod rissen. Der Hariri-Mord war nur der Auftakt einer Serie von Attentaten gegen prominente sunnitische Persönlichkeiten. Das letzte Opfer war am 27. Dezember der Ex-Finanzminister Mohammed Shatah, ein enger Vertrauter von Saad Hariri, der das politische Erbe seines Vaters übernommen hatte.

Weil es nicht möglich war, diese politischen Morde vor libanesischen Gerichten juristisch aufzuarbeiten, wurde auf Druck des UN-Sicherheitsrats 2007 ein Sondergericht, das Special Tribunal for Lebanon (STL), mit einem Budget von 60 Millionen Dollar eingerichtet. Auch hier gestalteten sich die Ermittlungen schwierig. Am Donnerstag konnte Richter David Ray in Leidschendam, einem Vorort von Den Haag, den Prozess nun beginnen. Angeklagt sind vier Hisbollah-Mitglieder, gegen die in Abwesenheit verhandelt werden muss. Als führende Köpfe gelten Salim Ayyash (50) und Mustafa Badreddine (52). Mitangeklagt sind Hassan Oneissi und Assad Sabra. Die Anklage gegen einen fünften Mann, Hassan Berhi, ist noch nicht fertig.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat sich bisher geweigert, die Beschuldigten auszuliefern. Er hält das STL für eine amerikanisch-israelische Verschwörung. Die neun Anklagepunkte lauten von Verschwörung über terroristische Aktionen bis zu Mord und versuchtem Mord.

Im Gerichtssaal steht ein maßstabgetreues Modell vom Ort des Verbrechens in der Beiruter Innenstadt. Das Verfahren würde genauso ablaufen, als wären die Angeklagten im Saal und hätten sich für nicht schuldig erklärt, führte Richter Ray zum Prozessauftakt aus. Die Ankläger stützen sich vor allem auf die Auswertung der Verbindungsspuren in fünf verschiedenen, teils geheimen Telekommunikationsnetzwerken.

Alle Libanesen seien direkt oder indirekt von diesem Mordkomplott betroffen gewesen, darum hätten sie ein Recht, die Wahrheit zu erfahren, skizzierte der Ankläger die Bedeutung dieses Verfahrens. Saad Hariri nannte den Prozess "historisch", damit beginne ein neues Kapital für die Justiz im Libanon. Bis zu einem Urteil wird es mindestens ein Jahr dauern. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 17.1.2014)