Traiskirchen/Wien - Unklar sei vor allem die "Vorgeschichte" der Traiskirchener Massenschlägerei, im Zuge derer - wie berichtet - ein tschetschenischer Asylwerber erschlagen worden ist, sagt Gerald Hesztera, Sprecher des Bundeskriminalamts. Auch den Mitgliedern der eigens eingerichteten Sonderkommission komme da "einiges seltsam vor".

Eine Frage etwa könnte sein, ob die blutige Eskalation des Konflikts in den Abendstunden des vergangenen Samstag gezielt vonstatten gegangen ist. So, wie es der Traiskirchener Bürgermeister Fritz Knotzer (SP) dem STANDARD unter Berufung auf "Quellen aus der Exekutive" schildert.

Streit und Schlägerei

Laut Knotzer soll der Prügelei ein Streit "zwischen einer tschetschenischen Familie und einer direkt im Stock darüber untergebrachten Gruppe allein stehender junger Männer aus Moldawien" zugrunde liegen, der sich bereits "über mehr als eine Woche" hingezogen habe. Neben lautem Schimpfen sei es in den Gängen wiederholt zu Prügeleien gekommen, deren Stellenwert die Mitarbeiter der neu beauftragten Betreuerfirma European Homecare "krass unterschätzt" hätten.

Am Samstag um 19.30 Uhr dann habe sich eine Gruppe von Moldawiern "im Traiskirchener Schulpark versammelt". Binnen kurzem seien "70 bis 100 Männer" beisammen gewesen, die "in einer konzertierten Aktion über den Zaun ins Lager zurückgeklettert" und auf die Tschetschenen losgegangen seien. Letztere hätten sich "in den Zimmern verbarrikadiert" gehabt.

Äste als Waffen Diese martialischen Schilderungen werden von Hesztera weder bestätigt noch zurückgewiesen. Vier Männer seien derzeit als Verdächtige in Haft, wiederholt er. Als "Waffen" hätten sie und andere "alles benutzt, was sie unter die Finger bekamen: Eisenbettenteile, Holzscheite von einem Baugerüst und sogar dicke Buschäste".

In Traiskirchen wird kommenden Montag der Gemeinderat zu einer Sondersitzung zusammentreten. "Wir fordern die Schließung des Lagers bis Ende des Jahres", sagt Knotzer. Die Massenschlägerei habe zu einem "Aufwallen der Fremdenfeindlichkeit im Ort" geführt: "Da höre ich Äußerungen, für die ich mich als Sozialdemokrat und als Christ nur schämen kann." (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 14.8.2003)