London/Rom - Die neuerlichen Anschläge von palästinensischen Selbstmordattentätern in Israel und im Westjordanland trotz eines vor etwa sechs Wochen vereinbarten Gewaltverzichts wurden am Mittwoch von einigen europäischen Zeitungen kommentiert:

Der linksliberale "Independent" (London):

"Die Frage lautet jetzt, wie schon so oft in der Vergangenheit, wie Israel reagieren wird. Erklärt wurde bereits, dass es keine weiteren Freilassungen palästinensischer Gefangener nach den 340 Entlassungen von vergangener Woche geben wird. So viel ist zunächst zu erwarten, aber das wird die mehr auf Strafe ausgerichteten Instinkte des israelischen Regierungschefs Ariel Sharon und sicherlich nicht die seiner Hardliner-Verbündeten in der Koalition zufrieden stellen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Regierung Sharon dem Drängen nach Rache in der üblichen Weise widersteht - mit harten und erniedrigenden Angriffen auf die palästinensische Infrastruktur. Solche Maßnahmen haben Israels langfristiger Sicherheit bisher nicht gedient und es gibt wenig Grund zu glauben, dass dies dieses Mal anders wäre."

Die römische Zeitung "La Repubblica":

"Ein Waffenstillstand, und ganz besonders ein Waffenstillstand zwischen Palästinensern und Israelis, kann kein absoluter sein. Etwa vollständig eingehalten von einer wie von der anderen Seite. Dafür ist der Hass auf beiden Seiten viel zu groß, und auch die Waffen sind dort immer präsent, stets noch warm von den letzten Schüssen.

In diesem Sinne stehen die beiden palästinensischen Kamikaze, die - einer auf israelischem Gebiet, ein anderer auf palästinensischem Territorium - die Spirale der Gewalt wieder in Gang gesetzt haben, für einen Zwischenfall, der sehr wohl vorhersehbar war."

Die Turiner Zeitung "La Stampa":

"Die Rückkehr der Kamikaze ist eine schlimme Nachricht, aber, zumindest bisher, ist die ´Road map´ noch nicht zerrissen, auf die US-Präsident (George W. Bush) so viel setzt, in erster Linie seine Wiederwahl. Die Hamas-Bewegung beeilt sich ´klarzustellen´, dass es sich um eine ´Repressalie´ handelt, als Antwort auf eine israelischen Angriff bei Nablus. (...)

Der Plan der ´Road map´ ist edel, aber der Stift, mit dem er gezeichnet wurde, ist zerbrechlich. Darüber hinaus stellt die Strategie Bushs die Bedingungen und Begriffe für die Verwirklichung dieses Fahrplans zum Frieden nicht eindeutig klar. Was man auch nicht richtig begreift ist, wie und wann ein demokratisierter Irak Auswirkungen auf die anderen arabischen Staaten haben und dabei zugleich die Unnachgiebigkeit Sharons abmildern soll." (APA/dpa)