Aufstellung zum Arbeitsgruppenfoto vor der Klausur: Der Eifer wäre da, allein, die Mappe ist leer, zumindest dort, wo der Kanzler sie gerade aufschlägt. Wird schon noch etwas finden.

Foto: BKA/Wenzel

Wien - Kennt man eines, kennt man alle: "In den Regierungsprogrammen stehen immer dieselben Ziele", sagt Hans Pitlik, Experte am Wirtschaftsforschungsinstitut, und meint damit die ewigen Bekenntnisse zur Verwaltungsreform. Kompetenzentflechtung und Bürokratieabbau versprechen die Politiker in ihren Vereinbarungen - und kündigen Arbeitsgruppen an, die nach Pitliks Erfahrung eines gemeinsam haben: "Sie kommen nicht voran."

Dennoch nimmt die rot-schwarze Koalition einen neuen Anlauf. Gleich doppelt will sie das leidige Thema in den nächsten fünf Jahren beackern lassen. Eine Kommission soll Staatsaufgaben überdenken und für Bürger und Firmen die Bürokratie eindämmen, eine andere eine Föderalismusreform erfinden. Weil an Letzterer bereits ein mit Gott und der Welt besetzter Konvent gescheitert ist, gibt es einen neuen Dreh: Diesmal ist die Kommission auf parlamentarischer Ebene angesiedelt, die Opposition soll mitreden.

Nicht nur in puncto Verwaltungsreform delegiert die Koalition das Nachdenken. Ihr Pakt sieht ein rundes Dutzend an Kommissionen, Expertengruppen und sonstigen Workshops vor, die jene Ergebnisse produzieren sollen, auf die sich SPÖ und ÖVP auf die Schnelle nicht einigen konnten. Wer sich wann die Köpfe zerbrechen soll, steht in vielen Fällen noch nicht fest. Konkretere Pläne könnten nach der derzeit laufende Regierungsklausur stehen.

Demnächst starten soll ein Klassiker: Zwar reden SPÖ und ÖVP seit Jahren über eine Senkung der Lohnsteuer, doch nun soll eine Steuerreformkommission unter Federführung des Finanzministeriums handfeste Modelle erarbeiten. Gebucht sind die üblichen Verdächtigen: Sozialpartner, Parteienvertreter, die Fachleute der Wirtschaftsforschungsinstitute.

Eine Spezialform, die parlamentarische Enquete-Kommission (Abgeordnete plus Experten), soll in zwei Fällen einen Durchbruch bringen. Erstens wollen die Parteien die direkte Demokratie - konkret: die Volksbegehren - aufwerten, konnten sich bisher aber nicht einigen. Zweitens steht ein in der Verfassung verankertes Verbot der Sterbehilfe zur Debatte; noch heuer soll ein entsprechender Entwurf erarbeitet werden.

Auch die neue Familienministerin Sophie Karmasin sucht Input von außen, ihr reicht aber ein "internationales" Symposium, bei dem Experten die "Kinderbetreuung der Zukunft" skizzieren sollen. Weitere Arbeitsgruppen basteln an einer einheitlichen Vergabe von Bundesgarantien an Unternehmen, am Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen sowie an einer Wohnrechtsreform: Experten und Interessenvertreter wollen bis Jahresmitte Ideen für ein transparenteres Mietrecht vorlegen. Neu aufgestellt wird ein bestehendes, aber mäßig bewährtes Gremium: die Pensionskommission.

Besonders kompliziert: Bis Ende 2015 soll ein Arbeitskreis den Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu regeln - auch nicht zum ersten Mal. Schon in der letzten Legislaturperiode sei eine Reformgruppe geplant gewesen, erinnert sich der Experte Pitlik: "Zusammengetreten ist diese ebenso wie vier weitere angekündigte Arbeitsgruppen nie."  (jo, ekk, DER STANDARD, 15.1.2014)