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Hollande mit Lebensgefährtin Valérie Trierweiler. Nach seiner Beichte fühlt sie sich "wie von einem TGV überfahren", berichtet die Zeitung "Le Parisien".

Foto: AP/Edme

Es war eine Redeschlacht, ein über zweistündiges Duell um die Themenhoheit, und François Hollande gewann es im Elysée-Palast schließlich knapp gegen 600 Journalisten. Unüblich gespannt war der sonst so joviale Präsident zu seiner Neujahrspressekonfernz angetreten. Er wusste, was ihn erwartete: Ein Hagel von Fragen zu seiner Affäre mit der Schauspielerin Julie Gayet, publik gemacht durch das Klatschmagazin "Closer".

Gleich der erste Fragesteller wollte wissen, wer in Frankreich heute Première Dame sei. Hollande wich aus, indem er von einer Privatangelegenheit sprach. Aber er räumte ein, die Beziehung mit Valérie Trierweiler - mit der aktuellen First Lady ist er seit etwa acht Jahre zusammen - stelle eine "Prüfung" dar, was "schmerzvolle Momente" mit sich bringe. Trierweiler war nach Bekanntwerden der Affäre mit einem Schwächeanfall ins Spital eingeliefert worden. "Sie ruht sich aus", antwortete Hollande auf eine Frage nach ihrem Wohlergehen.

Bericht bestätigt

Der Präsident bestätigte damit indirekt, dass etwas dran ist an dem Bericht von "Closer". Doch die Zusatzfrage, welche Partnerin ihn am 11. Februar an ein Treffen mit den Obamas begleiten werde, vertagte er auf später. Ob er gegen das People-Magazin Klage einreichen werde, ließ er offen. Dass er bei seinen Solofahrten zu Gayet seine persönliche Sicherheit vernachlässigt habe, stellte er in Abrede. Dass er das Statut der Première Dame ändern wolle, ebenfalls.

Andere Fragen zu seiner "Privataffäre" parierte er kurz, aber prägnant. Mit der Zeit ging den Vertretern der großen Pariser Medien der Zündstoff aus. Langsam wendete sich das Blatt. Auf Onlineportalen verschwanden die Echtzeit-Berichte über die Gayet-Affäre aus den Schlagzeilen. Die letzte kam von außen: Trierweiler sei bereit, Hollande zu vergeben, auch wenn sie ihm seinen Seitensprung "Schlag für Schlag heimzahlen" werde, erklärte ihre Biographin Nadia Le Brun zeitgleich mit der präsidialen Pressekonferenz.

Wende nach rechts

Dann hatte sich Hollande durchgesetzt gegen die Journalistenfragen im Festsaal des Elysées. Endlich konnte er ganz auf sein eigenes Thema eingehen - seine Wirtschaftsreform, die einen eigentlichen Bruch mit seinem bisherigem Linkskurs darstellt.

Der 59-jährige Sozialist stellte in Abrede, dass es sich um eine liberale "Wende" handle. Aber er sprach selbst davon, dass Frankreich eine "Angebotspolitik" brauche - und das heisst für Ökonomen soviel wie einen unternehmens-, nicht lohnfreundlichen Kurs. Hollande will den Firmen bis zu seinem Mandatsende 2017 unter anderem bis zu 30 Milliarden Euro an Familienabgaben erlassen.

Das geschehe "nicht, um den Unternehmen ein Geschenk zu machen", versicherte Hollande an seine linke Wähleradresse. Er verlange vielmehr im Gegenzug, dass die französische Wirtschaft mehr investiere und mehr Arbeitsplätze schaffe. Unter Hollande hat die Arbeitslosigkeit eine historische Rekordmarke von über elf Prozent erreicht. Der Präsident räumte ein, er habe die Krise "unterschätzt"; die bisherigen Reformen hätten "zu schwache Resultate" gezeitigt.

Kürzung der Staatsausgaben

Die fiskalische Entlastung der Unternehmen zwingt Hollande zu einer, wie er sagte, "nie dagewesenen" Kürzung der Staatsausgaben um vier Prozent, umgerechnet etwa 50 Milliarden Euro. Dazu sollen die Kompetenzen von Regionen und Departementen neu definiert werden; die Sozialversicherung wird entschlackt.

Sehr konkret klangen diese letztlich entscheidenden Sparideen allerdings nicht. Hollande konnte die Pressekonferenz wohl mit dem Gefühl verlassen, dem Fragesturm zu seiner "Privataffäre" standgehalten zu haben. Aber er weiß, dass der Kampf an der Wirtschaftsfront ungleich härter sein wird. Denn dort kann sich der Präsident nicht mehr nur mit geschickten Worten aus der Affäre ziehen. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 15.1.2014)