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Schiefer Haussegen bei den Hollandes.

Foto: AP, Thibault Camus

Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat nach der Enthüllung seiner berichteten Affäre mit der Schauspielerin Julie Gayet die Medien aufgefordert, seine Privatsphäre zu respektieren. Dafür gibt es keinen Grund. Denn sein persönliches Verhalten gegenüber seiner Lebensgefährtin und der französischen Öffentlichkeit ist ein Skandal. Ein moralischer und politischer Skandal.

An sich ist kein Mann zur sexuellen Treue verpflichtet – und in Frankreich schon gar nicht. Aber wenn man mit einer Frau wie Valérie Trierweiler, für die Hollande seine erste Lebenspartnerin Ségolène Royal verlassen hat, in den Élysée-Palast einzieht, dann muss man sie zumindest anständig behandeln.

Dass Trierweiler mit seelischen Problemen ins Krankenhaus gehen musste, deutet darauf hin, dass sie seine Affäre nicht einfach wegsteckt und sich zutiefst verletzt fühlt. Ein sozialistischer Politiker, der für eine gerechte Gesellschaft kämpft, sollte ein wenig Anstand auch im Privatleben zeigen.

Nicht so anders als Sarkozy

Noch schwerer aber wiegt, was die Affäre über Hollandes politisches Urteilsvermögen aussagt. Sexuelle Eskapaden von Staatspräsidenten hatten in Frankreich einst Tradition. Aber Hollande hat die Wahl gegen seinen Vorgänger Nicolas Sarkozy auch deshalb gewonnen, weil die Franzosen sich nicht ständig mit dessen Privatleben auseinandersetzen wollten, das Sarkozy so penetrant in der Öffentlichkeit ausgelebt hat – Scheidung, Verliebtheit und neues Eheglück mit Carla Bruni.

Hollandes Versprechen an die Wähler, ein "normaler Präsident" zu sein, bezog sich auch auf sein Privatleben. Nun kann jede Beziehung in die Brüche gehen. Aber nächtliche Ausflüge mit Motorroller und Bodyguard zu einem Starlet sind nicht Zeichen eines "normalen" Lebens. Hollande hat seine Wähler hier verraten.

Er musste wissen, dass die Medien sich darauf stürzen werden, wenn sie Wind davon bekommen. Und er musste wissen, dass heute die Regeln anders sind als früher und ihm solches Verhalten auch politisch schaden würde.

Private Sehnsüchte statt politischer Arbeit

Dass ein erwachsener Mann, an dessen politischem Erfolg so viel für Parteigänger und letztlich für alle Franzosen hängt, nicht für sechs Jahre seine Triebe etwas zügeln und seine privaten Sehnsüchte hinter seine politische Arbeit stellen kann, ist ein Armutszeugnis.

Das galt bereits für Bill Clinton und seine Affäre mit Monica Lewinsky, für die der sonst so erfolgreiche US-Präsident einen hohen Preis bezahlt hat. Hat Hollande nichts daraus gelernt?

Auch vor dem Auffliegen der Affäre war Hollandes Ruf bereits angeschlagen und seine Effektivität als Präsident eingeschränkt. Sein privates Verhalten hat Frankreichs politische – und indirekt auch wirtschaftliche – Krise nur noch weiter verschärft.

In der Politik ist heute Privates nie ganz privat. Das kann man als Politiker beklagen, muss sich aber daran anpassen. Hollandes persönliches Fehlverhalten ist Teil seines politischen Scheiterns. (Eric Frey, derStandard.at, 14.1.2014)