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Dänen lieben ihren Handball.

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Enttäuschung auf hohem Niveau: Dänemarks-Herrenteam musste sich vor einem Jahr im WM-Endspiel Spanien geschlagen geben.

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Die Frauen gewannen im Dezember in Belgrad WM-Bronze.

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Wenn der Bär irgendwo in Dänemark steppt, dann üblicherweise wohl nicht im Norden Dänemarks. Die Straßen sind tadellos, bei klarer Sicht sieht man fast grenzenlos über das Jütland hinweg. Hier, mitten am Festland soll es sich aber abspielen, wenn das dänische Nationalteam bei der Handball-Europameisterschaft in Herning die Erwartungen seines Volkes erfüllen will. Die Dänen sind Titelverteidiger und Vizeweltmeister 2011 und 2013, "und alles andere als die Goldmedaille in der Heimat wäre ein Fiasko", sagt Kreisläufer Michael Knudsen.

Erfunden in Dänemark

Herning. Eine 50.000-Einwohnergemeinde, die fast keine Geschichte und damit auch keine Altstadt hat. Aber immerhin, es gibt ein Kunstmuseum und einmal jährlich kommen 10.000 PS-schwere Traktoren in die Stadt zum Tractor Pulling. Und ja, es gibt eine Messehalle, die "Jyske Bank Boxen", in der 14.000 Besucher Platz haben. Dort trifft Österreich am Dienstag auf Dänemark und dort soll das dänische, nicht das österreichische Handballwunder weitergehen. "Die Halle ist seit einem Jahr ausverkauft. Handball wurde in Dänemark erfunden, es hat einen großen Platz in unseren Herzen. Überall wo es eine Kirche gibt, gibt es auch eine Handball-Halle", sagt Carsten Albrektsen, Sportdirektor des dänischen Erstligisten Silkeborg. Verpassen muss man hier nichts. "Wir haben 5,5 Millionen Einwohner. Wenn das Nationalteam spielt, schauen zwei Millionen im Fernsehen zu. Pro Woche werden fünf bis sechs Liga-Spiele übertragen."

Aus einem Guss

Die Popularität ist kein Zufall, der Erfolg noch weniger. Begonnen hat alles mit den dänischen Frauen, dreifache Olympia-Goldgewinnerinnen Anfang der Nullerjahre. Der dänische Verband hat eine einheitliche Ausbildungsphilosophie, der Nachwuchs räumt seit Jahren bei Europa-und Weltmeisterschaften Medaillen ab. Dänemark zählt 150.000 aktive Handballer im Land, allein in Silkeborg lernen drei- bis vierhundert Kinder im Verein Handball spielen. Ab 15 Jahren werden Talente in Auswahlteams selektiert, Nationalteamtrainer besuchen die Vereine mehrmals jährlich um über deren Entwicklung zu sprechen.

Österreichs Rückraumspieler Roland Schlinger kann sich an dänischem Handball nicht satt sehen. "Sie feuern einander den Ball im Rückraum zu, das es eine Freude zum Zuschauen ist. Und sie wissen, den Ball im richtigen Moment loszuwerden." Das Spiel gegen Dänemark wird freilich kein Honiglecken, Österreich will aber auch vor frenetischer Auswärtskulisse ein Zeichen setzen, präsent sein. "Die Dänen waren technisch immer schon gut, haben jetzt auch in Punkto Physis stark zugelegt. Sie mögen es trotzdem nicht, wenn man sie hart anfasst", sagt Schlinger.

Das Kollektiv zählt

Bei den Dänen ist der Star die Mannschaft, das wird auch in der Liga gepredigt. Dort kommen jedes Jahr Talente nach, die dann meist beim Nachbarn in Deutschland in der besten Handball-Liga der Welt anheuern. "In der deutschen Liga ist die Dichte viel höher als bei uns." In der "Herre Håndbold Ligaen" bestehen nur die besten fünf Teams aus Vollprofis. "Wir können auch nicht so hohe Gehälter zahlen". Vor allem Legionäre vom Balkan sollen über schrumpfende Netto-Summen im Hochsteuerland Dänemark verschreckt sein. "Sie wissen aber nicht, dass deswegen Ärzte, Schulen und auch die Krankenversicherung nicht extra kosten", sagt Albrektsen.

Österreichs Handballer findet der 52-Jährige übrigens sehr sympathisch, ein Team mit Herz. Der erste Anzug sitzt sehr gut, die Tiefe im Kader fehlt ein wenig. Nach Herning zieht es Albrektsen bezüglich Handball üblicherweise nicht, hier gibt es keinen großen Verein. Dafür war er schon öfter bei der großen Textilmesse. Während der EM wird er durchs Land fahren und in den weiteren Spielstätten Aalborg, Aarhus und Ballerup Spieler beobachten. (Florian Vetter aus Herning; DER STANDARD; 13.1. 2014)