Das waren noch Zeiten: "Die GmbH-Reform stärkt den Wirtschaftsstandort Österreich und schafft neue Arbeitsplätze. Damit arbeitet die ÖVP konsequent daran, was Michael Spindelegger zuletzt wieder in seiner großen Österreich-Rede vorgegeben hat: Die Wirtschaft in Österreich zu entfesseln!" So stand und steht es auf der Website der Schwarzen zu lesen. Manche Erfolge haben eine kurze Lebensdauer. Die erst im Juli erfolgte Herabsetzung des Mindestkapitals von GmbHs von 35.000 auf 10.000 Euro ist bald schon wieder Geschichte. Ausgerechnet der frischgebackene Finanzminister betätigt sich als Totengräber, hat doch er die überraschende Maßnahme in Form eines Abgabenänderungsgesetzes am Donnerstag in Begutachtung geschickt.

Der Umkehrschwung des ÖVP-Obmanns kann getrost als peinlich bezeichnet werden, war die GmbH light doch eine langjährige Forderung der Volkspartei. Man könnte auch von später Einsicht sprechen, immerhin diente die Einführung der Kapitalreduktion und Steuerersparnis bestehender Unternehmen. Die Gründer unter den "leichten" Gesellschaften sind jedenfalls mit der Lupe zu suchen. Das ändert aber nichts daran, dass die Wahlkampfansagen zur Entlastung der Wirtschaft dem Parteichef auf den Kopf fallen. Bis jetzt entpuppt sich das Koalitionsprogramm so ziemlich als Gegenteil des Programms, mit dem die Volkspartei auf Stimmenfang ging. Da steht es um die SPÖ um einen Hauch besser: Sie hat zwar ebenfalls wenig erreicht – Stichwort: Vermögenssteuern –, doch die Widersprüche zwischen Wahlkampfrhetorik und Koalitionspakt sind bei den Roten etwas geringer ausgeprägt.

Spindelegger steht hingegen vor einem Scherbenhaufen – nicht nur wegen der GmbH light. Mit der Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Managergagen, der Einschränkung des Gewinnfreibetrags, der Rückstellungen oder bei der Gruppenbesteuerung hat der VP-Chef viele Federn lassen müssen. Entfesselungskünstler sehen anders aus. Letztlich wird auch die Erhöhung zahlreicher Verbrauchssteuern dem Finanzminister angelastet werden. Unter dem Strich sind die einzelnen Maßnahmen keine Katastrophe, der eine oder andere Schritt kann sogar als ökologisch oder gesundheitspolitisch lenkend vermarktet werden. Doch die Volkspartei wird sich letztlich an ihren Versprechen messen lassen müssen. Und die lauteten ganz klar Strukturreformen und Entlastung.

Dass die Kapriolen mit der schlechteren Wirtschaftsentwicklung begründet werden, passt ins Bild. Diese weichen tatsächlich nur um wenige Zehntelprozent von den alten Vorhersagen ab, haben also recht wenig mit dem Budgetloch zu tun. Das wäre auch ohne Abzocke bei den Bürgern zu füllen, doch dazu müsste man die Strukturen bei Gesundheits- und Pensionssystem, Bahn, Landwirtschaft, Subventionen oder Verwaltung schon ernsthaft in Angriff nehmen. Doch derzeit sind nicht einmal Strukturreformen "light" erkennbar. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 11.01.2014)