Die SPÖ-ÖVP-Koalition hat nicht nur die Raucher, Autofahrer, Sekttrinker mit einem festen Griff in die Tasche erfreut, sie hat in ihrem Steuerpaket auch eine Maßnahme vorgesehen, die eine nicht geringe Zahl an (kleineren) Selbstständigen ein paar Tausender im Jahr kosten wird.

Es handelt sich um den "Gewinnfreibetrag", den man als Selbstständiger oder EPU (Einpersonenunternehmen) seit 2010 in Anspruch nehmen kann. 13 Prozent vom "zu versteuernden Gewinn" dürfen abgesetzt werden - so man dafür bestimmte Wertpapiere kauft und vier Jahre hält. Laut Statistik Austria haben das im Jahre 2010 rund 22.000 Selbstständige getan, in den Folgejahren etwas mehr. Jetzt ist Schluss damit.

Man wird sie soziologisch etwa so einordnen können: nicht ganz schlecht verdienende, aber hart um ihren Erfolg ringende Selbstständige und Freiberufler, eher im kreativen, dienstleistungsorientierten, dem Wettbewerb stark ausgesetzten Bereich. IT-Experten, Autoren, Werber, Unternehmensberater, Makler, Therapeuten aller Art etc. Ein Typus, der immer häufiger wird (insgesamt gibt es etwa 250.000 EPUs). Leute, die um Aufträge laufen müssen, keine geregelten Arbeitszeiten kennen - und vor allem gegenüber Angestellten steuerlich benachteiligt waren. Und jetzt wieder sind.

Diesen Menschen sagt nun die Regierungskoalition: "Tut uns leid, unser Gerede von der 'Entfesselung der Wirtschaft' war ein Schmäh" (ÖVP). Beziehungsweise: "Wertpapiere sind eh so böses kapitalistisches Zeug" (SPÖ). Beide zusammen könnten genauso gut sagen: "Wissts was, wählts gleich die Neos."

In der Diktion der Arbeiterkammer heißt das, es wurden "Steuergeschenke für Unternehmer" beseitigt. Ideologisch weniger verbiestert müsste man sagen: Es wurde die steuerliche Gleichstellung der Selbstständigen mit den Angestellten wieder rückgängig gemacht. Unselbstständige haben das sogenannte Jahressechstel - das 13. und 14. Monatsgehalt werden minimal besteuert. Selbstständige haben das nicht, daher der "Gewinnfreibetrag".

Korrekterweise ist festzuhalten: Bis zu einem "zu versteuernden Gewinn" (Einnahmen minus absetzbare Ausgaben) von 30.000 bleibt die Begünstigung (macht höchstens 3900 Euro/Jahr Absetzbetrag). Aber alle, die mehr erwirtschaften, kommen unter die Räder. Und sie sind entsprechend wütend, wie man kürzlich an den Postings zu einem Online-Gastkommentar des Unternehmers und Neos-Abgeordneten Niko Alm ablesen konnte: "Als EPU brauche ich mindestens Einnahmen über 100.000, damit ich netto auf irgendwas zwischen 40.000 und 50.000 komme. Das klingt ganz gut, mit Miete, Kindern usw. ist das aber heutzutage nicht mehr wirklich üppig. Dafür hat man als EPU alle Risiken, z. B. kein Krankenstand, kein bezahlter Urlaub, keine Arbeitslose, keine Abfindung, keine Garantien zur zukünftigen Auftragslage, arbeiten bis 65."

Warum behandelt die SPÖ diese Menschen mit retrolinker Aggression, die ÖVP mit unverständlicher Vernachlässigung? Dazu schreibt ein anderer Poster: Bei "urbanen, leistungs- und erfolgsorientierten Schichten" hätten beide "kaum Anhänger und auch kaum Chancen".

Niko Alm verweist übrigens darauf, dass die eben erst eingeführte "GmbH light" (mit weniger Kapital) auch wieder abgeschafft wird. Eine weitere Maßnahme der rot-schwarzen "Selbstständigenförderung". (Hans Rauscher, DER STANDARD, 11.1.2014)