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Die Entfesselung der Wirtschaft war zentraler Bestandteil von Spindeleggers Wahlkampf.

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Wien – Nach der Kritik von Autofahrerorganisationen und anderen Vertretungen an der Mehrbelastung im Zuge des neuen Steuerpakets formierte sich am Freitag der Widerstand aus der Wirtschaft. Für die größte Erregung sorgt die geplante Abschaffung der GmbH light, die erst im Juli eingeführt worden war. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl hält die Vorgangsweise für einen "Irrtum" , die Rücknahme einer Maßnahme so kurz nach der Einführung sei "nicht nachvollziehbar" . Auch von der Opposition und von Wirtschaftsexperten kam heftige Kritik.

Im Juli war nach jahrelangen Diskussionen der ÖVP-Wunsch nach Herabsetzung des Mindestkapitals von GmbHs von 35.000 auf 10.000 Euro in Erfüllung gegangen. Neben der leichteren Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung hatte die Reform einen angenehmen Nebeneffekt: Die Mindestkörperschaftsteuer von fünf Prozent sank von 1750 auf 500 Euro. Rasch stellte sich heraus, dass die Regelung vor allem Kapitalherabsetzungen förderte. Laut Kreditschutzverband vom September waren von 800 GmbHs light nur 49 Neugründungen.

Nun wird das Mindestkapital also wieder auf 35.000 Euro erhöht. Für echte Neugründungen kommt eine Begünstigung, bei der anfänglich 5000 Euro Einlage reichen, die aber mit einem Viertel des Jahresgewinne aufgefüllt werden muss. Dieses Privileg ist bei Gründung der Firma im Gesellschaftervertrag zu verankern, kann also nicht nachträglich in Anspruch genommen werden. Die Einschränkungen im Entwurf von Finanzminister Michael Spindelegger verwundern auch Steuerberater: "Das ist für den Standort kein gutes Zeichen, wenn Materien in so kurzer Zeit geändert werden" , erklärt BDO-Chef Peter Bartos. Die Änderung soll 95 Mio. Euro bringen.

Ärger wegen Freibetrags

Bereits aus dem Koalitionsprogramm bekannt, deshalb aber noch lange nicht verdaut, sind die Einschränkungen beim Gewinnfreibetrag. Die Begünstigung gilt für natürliche Personen mit betrieblichen Einkünften und ist mit 100.000 Euro im Jahr limitiert. Auch hier erklärt erst die Entstehungsgeschichte des Instruments die Verärgerung über die Reduktion: Die Maßnahme wurde 2009 beschlossen und von der ÖVP als Kompensation für die Begünstigung des 13. und 14. Gehalts bei unselbstständig Beschäftigten für Unternehmer gefeiert.

Künftig ist Voraussetzung dafür, dass der über 30.000 Euro hinausgehende Gewinnfreibetrag investiert werden muss. Die Anschaffung von Wertpapieren gehört nicht mehr dazu. Für kleine Freiberufler mit einem Arbeitszimmer und einem Computer sei es de facto gar nicht möglich, sinnvolle Investitionen in dieser Größenordnung zu tätigen, heißt es dazu aus der Wirtschaftskammer. Leitl will nun über den Punkt verhandeln. Er erinnert daran, dass 2009 im Gegenzug zum Ausbau des Freibetrags die Begünstigung nicht entnommener Gewinne gestrichen wurde.

Auch in anderen Bereichen gibt es viele Bedenken. So fällt für natürliche Personen die Beschränkung, wonach Verluste nur zu höchstens 75 Prozent vorgetragen und mit künftigen Gewinnen verrechnet werden können. Was von Spindelegger als Vereinfachung und Entlastung gepriesen wird, bezeichnen manche Experten als "Etikettenschwindel" . Denn gerade bei Unternehmern mit niedrigem Einkommen war der erwirtschaftete Gewinn nach Abzug des Verlustvortrags so gering, dass keine Steuer bezahlt werden musste. Das verbleibende Viertel konnte mit dem Gewinn der nächsten Periode verrechnet werden. Künftig geht das nicht mehr, was in vielen Fällen zu einer höheren Besteuerung führen werde, wie Experte Bartos erklärt.

Ebenfalls keine Freude haben Fachleute mit der Neuregelung der Rückstellungen, die künftig abgezinst werden müssen. Neben der höheren Belastung sehen Steuerberater eine erhöhte Unsicherheit. Thomas Strobach, Partner bei PwC, verweist darauf, dass beispielsweise kaum einschätzbar sei, wann ein Gerichtsurteil gefällt werde. Dennoch müsse man den Drohverlust jedes Jahr um 3,5 Prozent abzinsen. In Verbindung mit anderen Beeinträchtigungen bei der Gruppenbesteuerung hält er das Paket nicht gerade für standortfreundlich. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 11.1.2014)