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Die Einvernahme von Ex-Telekom-Finanzvorstand Stefano Colombo wurde am Freitag beendet.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien - Zum Auftakt des heutigen zweiten Verhandlungstages im Untreue-Prozess um den laut Anklage zu billigen Verkauf der Telekom-Immobilie Schillerplatz wurde die Einvernahme von Ex-Telekom-Finanzvorstand Stefano Colombo beendet.

Colombo erklärte, er habe das Verkaufsangebot der Telekom für die Immobilie unterschrieben, nachdem ihm gesagt wurde, auch der damalige Telekom-Generaldirektor Heinz Sundt sei mit dem Kaufpreis einverstanden.

Die Anklage wirft den beiden Telekom-Managern Untreue vor. Beim Verkauf wurde kein Verkehrswertgutachten eingeholt. Das Verkaufsangebot der Telekom vom Mai 2006 hatten zuerst Colombo und dann Sundt unterschrieben.

Preis verhandelt

Colombo schilderte heute, dass der Verkaufspreis von einem - später erkrankten - leitenden Mitarbeiter der Telekom verhandelt worden sei. Dieser sei mit dem Vertragsentwurf zu ihm gekommen und habe ihm gesagt, auch Sundt sei mit dem Preis von 5,4 Mio. Euro einverstanden. Daraufhin habe er, Colombo, als Telekom-Finanzvorstand den Vertrag unterschrieben. Er "präzisierte" damit seine diesbezüglichen Angaben aus dem Ermittlungsverfahren. Ursprünglich hatte Colombo bei seiner Einvernahme im Ermittlungsverfahren sich überhaupt nicht erinnert, dass er den Vertrag unterschrieben hatte.

Colombo zeigte sich auch heute der Meinung, dass der Verkauf für die Telekom ein "gutes Geschäft" gewesen sei. Die Bonität der Käufer sei nicht überprüft worden, da der Kauf bar abgewickelt wurde, sagte er. Der - später erkrankte - Prokurist habe ihm erklärt, die Käufer seien "seriöse Leute". Wie er später von der Wertsteigerung um fast das Doppelte beim Wiederverkauf nach einem Jahr an die Seeste Bau erfahren habe, habe er an einen Zusammenhang zwischen der Funktion des Käufers, ÖBB-Chef Martin Huber, und der Seeste Bau gedacht. Dies sei damals so in den Medien berichtet worden. "Glauben Sie immer was in der Zeitung steht", wollte Richterin Claudia Moravec-Loidolt vom Angeklagten wissen. Dieser zögerte mit der Antwort und meinte dann, "Ich habe schon genug Feinde".

Kurz nachdem Colombo und Sundt im Mai 2006 unterzeichneten, waren beide "aus dem Geschäft". Sundt verließ die Telekom Ende Mai 2006, Colombo war ab Juni 2006 intern nicht mehr für Immobiliengeschäfte der Telekom zuständig. Der Käufer, das Ehepaar Huber, hatte den Vertrag erst ein halbes Jahr später, im Dezember 2006, unterschrieben, nachdem im November 2006 die Baubewilligung der Behörde erteilt wurde.

Huber verwickelt sich in Widersprüche

Der frühere ÖBB-Chef Martin Huber, Käufer der Schillerplatz-Immobilie, hat sich bei seiner Einvernahme im Telekom-Prozess in Widersprüche verwickelt. Während der Angeklagte einerseits von einem Wert der Immobilie beim Kauf von etwa 7 Mio. Euro sprach, sagte er etwas später, der Kaufpreis von 5,4 Mio. Euro sei "angemessen" gewesen.

Huber erläuterte heute in einem längeren Monolog, wie es zu dem nunmehr angeklagten Immo-Deal überhaupt kam. Er selber habe sich an einen Bauunternehmer gewandt, der mit Sundt befreundet war, um die Immobilie gemeinsam zu kaufen. Während er im Hintergrund blieb, wandte sich der Bauunternehmer an Sundt mit dem Kaufwunsch. Dieser habe den Bauunternehmer gleich an einen - später erkrankten - führenden Mitarbeiter verwiesen.

Schließlich kam es im Mai 2005 zu einer Vereinbarung zwischen der Telekom und dem Bauunternehmer, wonach diesem das Exklusivrecht zum Immobilienkauf eingeräumt wurde. Gleichzeitig wurde ein Mindestkaufpreis von 5,4 Mio. Euro genannt. Diese Option wäre bis Jahresende 2005 gültig gewesen, wurde aber nicht genutzt. Im Jänner erkrankte der Bauunternehmer schwer und fiel somit als Käufer aus.

Er selber, Huber, habe dann nach einigem Zuwarten eine eigene Gesellschaft gegründet, die Schillerplatz 4 Projektentwicklungsgesellschaft. Inhaber waren zu 25 Prozent Hubers Ehefrau und zu 75 Prozent ein Treuhänder, der die Anteile für Huber hielt, der somit in der Öffentlichkeit nicht aufschien. Auf eindringliche Befragung, warum er diese Geheimhaltungskonstruktion wählte, meinte Huber einmal, es sei nur wegen der Medien gewesen, dann berief er sich auf Zustände in der ÖBB und erwähnte die "Compliance". Als ÖBB-Vorstand habe er nicht offen eine Beteiligung halten wollen. "Es ist ja nix Böses passiert", rechtfertigte er sich. Allerdings wäre es "gescheiter" gewesen, dem Treuhänder gleich 100 Prozent zu geben, betonte er dann.

Nicht involviert

In Preisverhandlungen sei er nie involviert worden, betonte Huber. Der Mindest-Kaufpreis von 5,4 Mio. Euro, den Sundt im Mai 2005 zugesichert hatte, "wurde dann irgendwann eingepflockt", sagte er. Im Mai 2006, wenige Wochen vor Ausscheiden Sundts aus der Telekom, unterschrieb dieser ein Verkaufsangebot an die Schillerplatz-Gesellschaft (SP4). Erst nachdem die Baugenehmigung im November 2006 erteilt wurde, wurde die SP4 tätig und kaufte die Immobilie um 5,4 Mio. Euro. Offen ließ Huber die Frage, ob die Telekom gewusst habe dass er der Käufer sei. Allerdings sei er mit Sundt gut bekannt und "per Du" gewesen, "so wie mit allen Generaldirektoren börsenotierter Unternehmen", sagte Huber.

Der Wert der Immobilie sei damals höher gewesen als 5,4 Mio. Euro, räumte Huber bei Befragung durch Richterin Claudia Moravec-Loidolt ein. Er nannte sieben Millionen als möglichen Wert. Befragt durch Sundts Verteidiger meinte er wiederum, die 5,4 Mio. Euro seien "angemessen" gewesen. Huber versuchte, die starke Wertsteigerung auf fast das Doppelte beim Wiederverkauf an die Seeste nach einem knappen Jahr zu rechtfertigen, man müsse den Zeitraum von 2004 bis 2008 für die Wertsteigerung betrachten. Dann wiederum versuchte er den für ihn günstigen Kaufpreis von 5,4 Mio. Euro so zu rechtfertigen, dass zahlreiche technische Probleme durch Leitungen im Hauptwählamt existiert hätten. Außerdem hätte die Gefahr einer Rückwidmung wegen des Weltkulturerbes bestanden. Warum kein Verkehrswertgutachten eingeholt wurde, erklärte Huber so, dass er selber aus langjähriger Tätigkeit Fachwissen habe. Warum die Telekom als Verkäufer kein Gutachten einholte, wisse er nicht.

Keine eigenen baulichen Investitionen

Irgendwelche eigenen baulichen Investitionen tätigte die SP4 nicht. Huber verwies nur ausführlich auf diverse technische Probleme, etwa beim Dachbodenausbau. Ein schneller Weiterverkauf sei nie geplant gewesen, meinte er. Allerdings sei bereits im Jänner Conwert-Chef Kerbler mit einem Angebot auf ihn zugekommen. Beim Opernball 2007 habe Kerbler sein Angebot von 11 bis 12 Mio. Euro noch einmal bekräftigt, das ganze habe sich aber wegen der technischen Probleme wieder zerschlagen.

Der lukrative Weiterverkauf nach einem knappen Jahr an die Seeste Bau AG war nach Angaben Hubers ein normales Geschäft. Die Seeste Bau sei ihm von einem Makler als Käufer vorgeschlagen worden, betonte er. Mit dem Engagement der Seeste am Wiener Hauptbahnhof, wo sie ein großes Baulos bekam, habe dies überhaupt nichts zu tun gehabt, versicherte Huber. Die Seeste hat die Stockwerke und das Dachgeschoß ausgebaut und Luxuswohnungen errichtet. Laut Medienberichten wird eine der noch nicht vermieteten Wohnungen zum Preis von 8 Mio. Euro angeboten. Die Quadratmeterpreise sollen bei 20.000 Euro liegen, 17 Einheiten wurden errichtet.

Der ganze Immobiliendeal Hubers war fremdfinanziert. Ein Darlehen der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich über 6 Mio. Euro wurde im vierten Quartal 2006 aufgenommen. Im Gegenzug musste ein Blankowechsel von 7,8 Mio. Euro unterfertigt werden, die Laufzeit ging bis Mitte 2008, erläuterte Huber. Bei einigen Fragen verwies er auf den damals beauftragten Rechtsanwalt Böhmdorfer. Dieser wurde von Huber aber nicht von seiner anwaltlichen Schweigepflicht entbunden.

Die Beteiligten hatten schon vor dem Schillerplatz-Deal miteinander zu tun: Beim Projekt Nordbergstraße wurde ebenfalls eine Telekom-Immobilie über eine Zwischenstufe lukrativ verkauft. Schon damals waren der - später erkrankte - Bauunternehmer und Huber als damaliger Porr-Manager gemeinsam involviert. (APA, 10.1.2014)