Bild nicht mehr verfügbar.

Viele Asylwerber müssen in Bulgarien in Zelten leben - hier in der Stadt Harmanli.

Foto: Reuters

Genf/Sofia/Wien - Vor vier Jahren wurde die miese Lage von Flüchtlingen in Griechenland zum Thema. Nach Kritik von NGOs und dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR wurden Rückschiebungen laut der unionsinternen Dublin-II-Verordnung in diesen Staat vom Straßburger Menschenrechtsgericht und vom Europäischen Gerichtshof gestoppt.

Besagte EU-Regelung, laut der der Eintrittsstaat eines Flüchtlings in die Union für dessen Asylverfahren zuständig ist, steht nun in Verbindung mit einem weiteren Grenzland erneut in der Kritik: In einem vor wenigen Tagen in Genf veröffentlichten Bericht fordert UNHCR alle EU-Mitgliedstaaten auf, vorerst bis April keine Asylwerber mehr nach Bulgarien zurückzuschicken.

Begründet wird dies mit den wachsenden Asylantragszahlen in dem südosteuropäischen Staat - unter anderem von Flüchtlingen aus Syrien. 2013 kamen etwa 40 Prozent aller rund 9500 Schutzsuchenden aus diesem Bürgerkriegsland; eine Herausforderung, die das ohnehin unzureichend ausgebaute Flüchtlingsbetreuungssystem Bulgariens völlig überlaste.

Dadurch, so UNHCR, sei das Risiko für Asylwerber groß, in Bulgarien "inhumaner und entwürdigender Behandlung" ausgesetzt zu sein. Zum Beispiel in den sieben Aufnahmezentren des zu den ärmsten EU-Staaten zählenden Landes, in denen die rund 4300 Untergebrachten laut Bericht nur auf private Initiative hin mit Essen versorgt werden. In den Zentren stünden in der Regel keine Kochgelegenheiten zur Verfügung, und es gebe oft kein heißes Wasser oder Waschmaschinen.

Auch riskierten rückgeschobene Flüchtlinge als "Illegale" in Haft zu kommen, da die Verfahren laut der bulgarischen Asylgesetzgebung in Fällen ausgesetzt werden, in denen ein Antragsteller länger als drei Monaten keine Meldeadresse im Land vorweisen kann.

Attacken auf Flüchtlinge

Kritisiert wird von den UN-Experten auch der Umgang mit Flüchtlingen an der türkisch-bulgarischen Grenze. Vergangenen Oktober habe man dort einen 32 Kilometer langen Zaun errichtet, an dem rund 1500 Polizisten postiert seien - die jedoch nur unzureichend im Erkennen von Fluchtgründen trainiert worden seien. Im Land selbst wiederum sei es in den vergangenen Monaten vermehrt zu Attacken auf Flüchtlinge gekommen.

Einem solchen UNHCR-Bericht komme "einiges Gewicht" zu, meint Anny Knapp von der Asylkoordination in Wien. Doch auf die Forderung, Dublin-Rückschiebungen nach Bulgarien zu stoppen, hat bisher EU-weit kein Staat reagiert. "Wir lassen die Sache derzeit prüfen", heißt es auch aus dem Innenministerium in Wien. Aus Österreich wurden 2013 zwölf Asylwerber nach Bulgarien zurückgeschickt. (Irene Brickner, DER STANDARD, 10.1.2014)