Wien - Leibesvisitationen und Taschenkontrollen sind bei der Elektrokette MediaMarkt offenbar doch kein Einzelfall. Seit Bekanntwerden, dass die Mitarbeiter der Kremser Filiale durchleuchtet wurden, melden sich laut Gewerkschaft laufend Beschäftigte anderer Standorte, die von ähnlichen Fällen berichten. "Seit der Kremser Geschichte laufen bei uns die Telefone heiß", so Gewerkschafter Peter Stattmann.

Auch bei der MediaMarkt-Schwester Saturn soll es zu Leibesvisitationen und Taschenkontrollen gekommen sein: "Ungefähr alle zwei Monate mussten wir das alle machen", zitiert der "Kurier" einen ehemaligen Mitarbeiter eines Saturn-Marktes in Ostösterreich.

Unternehmenssprecherin Sigrid Kuhn betonte am Donnerstag, dass dies der Unternehmenskultur widerspreche und man "umfassende Untersuchungen" durchführe. Im Kremser Fall macht MediaMarkt den Sicherheitsdienst für die Leibesvisitation verantwortlich. "So einfach können sie das nicht abwälzen. Jemand muss der Sicherheitsfirma ja den Auftrag gegeben haben", sagte Stattmann.

Leibesvisitationen nur durch Polizei möglich

Die Gewerkschaft will sich nun übrigens auch die Sicherheitsfirma vorknöpfen. Leibesvisitationen dürften nämlich, wenn überhaupt, nur von der Polizei durchgeführt werden, so Stattmann.

Taschenkontrollen hingegen sind nicht per se verboten. MediaMarkt hat sogar einen Passus im Dienstvertrag, in dem es heißt, dass beim Verlassen des Hauses die Taschen geöffnet vorzuzeigen sind, um Missverständnisse vorzubeugen. "Was hier passiert ist, geht aber längst über normale Taschenkontrollen hinaus", räumte Gewerkschafter Stattmann ein. Hineingreifen und Herumwühlen seien nicht erlaubt.

Die Gewerkschaft GPA-djp fordert die Firma auf, die "unfaire Vertragsklausel" rauszunehmen. "Wir stehen der Geschäftsführung von MediaMarkt gerne zur Verfügung, um die dementsprechenden Klauseln so zu verändern beziehungsweise so zu formulieren, dass sie dem österreichischem Arbeits- und Sozialrecht entsprechen", so GPA-Vizechef Karl Proyer.

MediaMarkt erwägt Änderung in Dienstverträgen

Mittlerweile zieht das Management von MediaMarkt eine Änderung der Dienstverträge jedenfalls in Betracht. Jener Passus, in dem es heißt, dass beim Verlassen des Hauses die Taschen geöffnet vorzuzeigen sind, werde mit Experten aus dem Bereich Arbeitsrecht einer "eingehenden rechtlichen Prüfung" unterzogen, so die Firma.

"Gegebenenfalls werden hier Änderungen in den Dienstverträgen vorgenommen", gab MediaMarkt bekannt. Damit kommt die Firma der Forderung der Gewerkschaft nach, die die Klausel im Vertrag so verändert bzw. umformuliert wissen will, dass sie dem österreichischen Arbeits- und Sozialrecht entspricht.

Die Handelskette ist um Schadensbegrenzung bemüht und bietet allen Beschäftigten an, sich - unter Wahrung der Anonymität - zu jeder Zeit mit der Unternehmenszentrale in Verbindung zu setzen. "Dabei können Fragen vorgebracht und Informationen zu überschießenden Maßnahmen diskutiert werden", heißt es.

Noch nicht geklärt ist, von wem der Anstoß für die Leibesvisitationen kam. Die Filialleiter der Ketten agieren relativ selbstständig und sind auch mit zehnProzent an der jeweiligen Filiale beteiligt. (APA, 9.1.2014)