Da hat das Umkrempeln rasch ein Ende: Vizekanzler Michael Spindelegger wäre gerne die Innovationsfreude in Person, doch in Sachen Schulreform ist er nicht weniger Blockierer als unzählige schwarze Politiker davor. Spielt die ÖVP-Spitze - wie bei der Ganztagsschule - nur die Bremserin, ist das fast schon ein Anlass zum Aufatmen, denn bei anderen Fragen wie der Gesamtschule bewegt sie sich keinen Meter. Schon seit Jahrzehnten.

Hinter dem Chef werden die Reihen allerdings löchrig. Längst können die Verteidiger des Gymnasiums die gemeinsame Schule aller Sechs- bis 14-Jährigen nicht mehr als linke Spinnerei abtun, reicht die Front der Befürworter doch weit in die Wirtschaft und die ÖVP hinein. Vor allem in den westlichen Ländern verfangen Argumente, die auch Experten aus dem - wenn man so will - bürgerlichen Spektrum ins Treffen führen: Die gemeinsame Schule ist ein Rezept gegen das Übel, dass Bildung hierzulande besonders stark vom sozialen Status des Elternhauses abhängt.

Das bedeutet nicht, dass es keine ernstzunehmenden Gegenargumente gibt. Doch ein Parteichef, der ständig Reformen ohne Scheuklappen einmahnt, sollte zumindest die Probe aufs Exempel wagen. Spindelegger tut das nicht. Strikt torpediert er jeden Schulversuch, den seine Landeschefs im Kleinen (Salzburg) oder Großen (Vorarlberg) fordern - und pflegt damit jene halsstarrige Form von Ideologie, die er angeblich aus der Schulpolitik verbannen will. (Gerald John, DER STANDARD, 9.1.2014)