Foto:

Der Mensch bildet sich ein, die Krone der Schöpfung zu sein. Oft wird das mit der im Vergleich zu anderen Lebewesen überdurchschnittlichen Intelligenz argumentiert. Der aufrechte Gang - ein Qualitätsmerkmal? Mitnichten, meint der israelische Historiker Yuval Noah Harari. Er hat das menschliche Handeln von den ersten Gehversuchen bis zum heutigen Tag analysiert. Dabei zeigt sich, dass der Mensch nicht die Krone der Schöpfung, sondern der Schrecken des Ökosystems ist.

Überall, wo der Homo sapiens seinen Fuß hingesetzt hat, gab es keine unberührte Natur mehr. Schlimmer - das Artensterben beschleunigte sich. Dass die Schuld oft dem Klimawandel in die Schuhe geschoben wird, entlarvt Harari als Schutzbehauptung. Krone der Schöpfung sind in seinen Augen Nutzpflanzen, allen voran Reis, Mais, Weizen.

Bedrohte Meerestiere

"In Wirklichkeit waren es diese Pflanzen, die den Homo sapiens domestizierten. Weizen kann sich nicht vor anderen Organismen wie Kaninchen und Heuschrecken schützen, die ihn gern fressen, weshalb die Bauern ihn schützen mussten. Weizen ist durstig, also schleppten die armen Sapiens Wasser aus Quellen und Flüssen herbei, um ihn zu bewässern. Und der Weizen ist hungrig, weshalb die Menschen Tierkot sammelten, um den Boden zu düngen, auf dem er wuchs", schreibt Harari in der kurzen Geschichte der Menschheit.

Wenn wir wüssten, wie viele Arten wir ausgelöscht haben, würden wir den Schutz der Überlebenden vielleicht ernster nehmen, mutmaßt Harari. Das wäre speziell für die großen Meerestiere wichtig, die im tiefen Gewässer bisher noch einen gewissen Schutz hatten. Industrieabwässer und Überfischung bedrohen dieses Habitat nun zunehmend. (Günther Strobl, DER STANDARD, 9.1.2ß14)