Bilder, die nichts wollen und dem Betrachter in dieser Unaufdringlichkeit ganz nah kommen: Erwin Bohatsch, o. T., 2013.

Foto: Charim Galerie

Wien - Den Bildern von Erwin Bohatsch geht es so wie den Menschen mitten im Winter: Es dürstet sie nach Licht. Der Maler sieht im Faktor Licht eine Bereicherung seiner Bilder, denn dieser bedinge, dass sich der Charakter der Leinwände je nach Tageszeit wandelt. In Bohatschs Ausstellung in der Charim Galerie herrscht freilich konstante Helligkeit, aber das Licht sorgt trotzdem für Transformation genug, kitzelt es doch alle Nuancen und Texturen seiner unkonkreten, die Farbe lasierend übereinanderschichtenden Gemälde hervor: Metallisches und Wässriges des Kolorits, den Wechsel zwischen mattem und glänzendem Firnis sowie rohe Struktur ungrundierter Leinwand.

Es sind überwiegend kleine, im Jahr 2013 entstandene Formate, die Bohatsch für seine Schau ausgewählt hat. Und obwohl graue, gedämpfte Farben die Bilder beherrschen, ist die Stimmung nicht düster, allerhöchstens melancholisch. Denn die kleinen Leinwände locken näher heran als potente Wandfüller, und in der geradezu intimen Nähe ziehen die farblichen Akzente in den Bann: das leuchtende Blau, das am Terrakota lehnt, das Hellblau, das sphärisch über Felsgrau gehaucht ist, das Sonnengelb hinter der Wand aus rußigem Rauch.

Das Betrachten von Bohatschs Bildern ist ein Sehen, das sich fern von einem intellektuellen Erkennen abspielt. Es gibt keinen Abgleich mit der Realität, wohl aber mit einzelnen Stimmungen und Erfahrungen. Schon lange ist es her, dass er sich von den für ihn untragbaren Begriffen "abstrakt" und "gegenständlich" verabschiedet hat. Bohatsch arbeitet im Dazwischen. Er vermeidet Räumliches, löste die eigene Handschrift auf: "Emotionen raus und den genialen Strich zerstören, um mehr Überlegung in das Bild hineinzulassen", beschrieb er das 1998 in einem Interview mit Edek Bartz.

"'Pure Malerei' ist auch so ein Dogma. Es geht mir darum, Absichtslosigkeit zuzulassen." Ein Ansinnen, das auch auf die neuesten Bilder passt. Denn tatsächlich wirken manche wie Zufallskompositionen, die sich aus Farbzusammenrottungen an den Rändern "gewollter" Bilder ergeben. Eine entspannende Absichtslosigkeit mit großer Anziehungskraft. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 9.1.2014)