Wien - Silvia Stantejsky nahm am Mittwoch erstmals zu ihrer Entlassung als Geschäftsführerin des Burgtheaters Stellung. Sie habe während ihrer mehr als 30-jährigen Anstellung ausschließlich die Interessen der Burg verfolgt und für sie gelebt: "Die Entlassung hat mich persönlich schwer getroffen, zumal ich das Burgtheater stets nach bestem Wissen und Gewissen vertreten habe und mir nichts vorzuwerfen ist." Stantejsky hat daher ihre Entlassung vor dem Arbeits- und Sozialgericht angefochten: "Ich bin überzeugt, dass sich die Vorwürfe im Rahmen dieses Verfahrens zerschlagen werden."

Über die Hintergründe kann weiterhin nur spekuliert werden. Sicher ist jedoch: Das Burgtheater befindet sich in einer finanziell äußerst prekären Situation. Man gab weit mehr Geld aus, als man zur Verfügung hatte. Gerüchteweise soll es daher massive Probleme bei der Erstellung der Bilanz für das Geschäftsjahr 2012/13 gegeben haben oder noch geben.

Das Problem hatte sich zugespitzt, weil die Burg Produktionskosten über mehrere Jahre abschrieb - über den Zeitraum der Vorstellungen hinaus. Dies konnte von den neuen Wirtschaftsprüfern aber nicht akzeptiert werden, die richtige Zuordnung der Kosten führte zu einem Defizit - und in der Folge zu einer Herabsetzung des Stammkapitals. Darüber berichtete Georg Springer, der Chef der Bundestheater, in seiner Jahrespressekonferenz Anfang 2013.

Silvia Stantejsky blieb aber Geschäftsführerin. Ihre Entlassung hat daher wohl andere Gründe. Peter Simonischek, der Stantejsky in News verteidigt, dürfte es unbeabsichtigt auf den Punkt gebracht haben: Statt künstlerische Höhenflüge zu bremsen, wie es kaufmännische Direktoren oft täten, habe sie "immer versucht, alles zu ermöglichen. Und das mit definitiv immer weniger Geld." Wie Stantejsky dieses Zauberkunststück vollführte? Matthias Hartmann, Direktor und Kogeschäftsführer, gab darüber keine Auskunft. Auch Springer wurde nicht konkret; er sagte nur, dass die Buchungsvorgänge nachgeprüft werden.

Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen, brachte daher eine parlamentarische Anfrage ein. Er will u. a. wissen: "Welche betriebswirtschaftlich bedenklichen 'Drehs' hat Stantejsky nach Ansicht von Springer angewendet? Seit wann haben Hartmann und Springer Kenntnis von den vermeintlichen Unregelmäßigkeiten? Gilt im Burgtheater das Vier-Augen-Prinzip hinsichtlich der finanziellen Gebarung des Hauses?" Im Burgtheater glaubt man, dass Silvia Stantejsky als Bauernopfer herhalten muss. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 9.1.2014)