Wien - Die Datenlage zu den psychischen Erkrankungen und zur Versorgung der Patienten in Österreich ist bislang eher dürftig und lückenhaft. Das dürfte sich nun ändern, denn in den nächsten zwei Jahren soll die Epidemiologie der psychischen Erkrankungen in Österreich wissenschaftlich erhoben werden. "Wir planen die erste echte epidemiologische Studie zu den psychischen Erkrankungen und zur Versorgung der Betroffenen", sagt Studienleiter Johannes Wancata, Vorstand der Abteilung für Sozialpsychiatrie an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie im AKH.

2011 stellte der Hauptverband der Sozialversicherungsträger eine aus Behandlungs- und Medikationsinformationen abgeleitete Studie vor. Demnach bezogen im Jahr 2009 rund 900.000 Österreicher Leistungen der Krankenkassen wegen psychischer Erkrankungen. 840.000 Patienten bekamen Psychopharmaka verschrieben. Zudem ist die Zahl der Krankenstände wegen psychischer Leiden zwischen 2007 und 2009 um 22 Prozent gestiegen.

Möglicher Effekt auf Gesundheitswesen

Die Analyse umfasst allerdings nur jene Personen, bei denen eine psychische Erkrankung diagnostiziert und auch behandelt wurde. "Wer nicht zum Arzt geht, scheint auch nicht auf. In unserer Studie wollen wir hingegen eine für die 18- bis 65-Jährigen repräsentative Gruppe von rund 1.000 Österreichern von Fachleuten untersuchen lassen. Die Untersuchenden werden Psychologen mit klinischer Erfahrung, speziell geschulte Allgemeinmediziner oder Psychiater in Ausbildung sein. Es geht hier auch um die Einschätzung des Grades von psychischer Gesundheit beziehungsweise Krankheit", erklärt Wancata das Studiendesign. 

Erhoben sollen dabei die Häufigkeiten psychischer Erkrankungen, die Konsequenzen im Arbeitsleben - inklusive Krankenständen und Pensionierungen - sowie der Bedarf an Versorgungskapazitäten und ihre Inanspruchnahme. Hinzu kommt die Prüfung der Genauigkeit und Praxistauglichkeit von drei kurzen Fragebögen über Depressionen, Alkoholkonsum und psychisch bedingte körperliche Störungen.

Die Studie könnte auch Auswirkungen für die zukünftige Planung im österreichischen Gesundheitswesen haben, denn "die Informationen über den Behandlungsbedarf und den Anteil an ungedecktem Bedarf sollen eine bessere Planung und einen effizienteren Ressourceneinsatz ermöglichen", meint Sozialpsychiater Wancata. Die Untersuchung könne seiner Meinung nach auch dazu beitragen, Strategien zur Vermeidung von Krankenständen und frühzeitigen Pensionierungen aufgrund psychischer Krankheiten zu entwickeln. Die Ergebnisse der Studie sollen in rund zwei Jahren vorliegen. (APA/red, derStandard.at, 8.1.2014)