Einem internationalen Forscherteam ist es gelungen, das Genom des Süßwasser-Rieseneinzellers Reticulomyxa filosa zu entziffern und zu analysieren. Die Mikroorganismen zählen zu den artenreichen, einzelligen Foraminiferen und sind genau genommen alles andere als "mikro" - einzelne Vertreter erreichen die für Einzeller gigantischen Ausmaße von mehreren Zentimetern (Bilder gibt es hier).

Die meisten Foraminiferen besitzen Schalen und haben deshalb globale Bedeutung als CO2 Speicher in Form von Karbonaten. Ihre vielgestaltigen, teilweise mehrkammerigen, Schalen werden als Leitfossilien der Kreidezeit genutzt. Reticulomyxa filosa verfügt im Unterschied zu ihren nahen Verwandten ausnahmsweise keine Schale. Generell sind Foraminiferen schwer zu kultivieren, ihre Genome galten deshalb bis jetzt als nicht entschlüsselbar.

Das Genom des Rieseneinzellers zeichnet sich durch viele identische Wiederholungssequenzen aus, die drei Viertel des Genoms einnehmen. R. filosa besitzt somit ein Genom, das wahrscheinlich ungewöhnlich flexibel seine Genabfolge ändern und Genfamilien expandieren kann. Die Zellkörper solch großer Einzeller erfordern einen schnellen Materialtransport von einem Ort zum anderen. "Die unerreichte Vielfalt an Genen für spezielle Transporter, die wir in diesem Genom entdeckt haben, ist eine Folge der Genomplastizität und wahrscheinlich verantwortlich dafür, die beobachteten Transportleistungen in der Zelle möglich zu machen", so Gernot Glöckner von der Universität zu Köln.

Hinweise auf Gentransfer

Das Team fand in dem Einzeller zudem ein Gen in, das bisher nur in Tieren und nahe verwandten Organismen nachgewiesen wurde. Da sich Tiere und Foraminiferen seit weit mehr als eine Milliarde Jahre unabhängig voneinander entwickeln, ist dieses Gen wahrscheinlich durch einen frühen Gentransfer zwischen diesen evolutionären Linien ausgetauscht worden.

Die jetzt vorliegende Analyse, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Current Biology" veröffentlicht wurden, erleichtert die weitere Forschung an diesen Organismen. Sie ermöglicht unter anderem das Berechnen von verbesserten Stammbäumen, um die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen jenen Lebewesen aufzuklären, deren Zellen einen Zellkern besitzen. (red, derStandard.at, 12.1.2014)