Spitalsambulanzen sind für Notfälle und schwere Krankheitsbilder da, die von niedergelassenen Ärzten nicht behandelt werden können. Außerhalb von Nachtstunden und Wochenenden, wenn die meisten Ordinationen geschlossen sind, hat der Großteil der Patienten dort nichts verloren.

Doch aus einer Mischung aus Bequemlichkeit, Unwissen und der Lebenserfahrung von Migranten aus Ländern, in denen niedergelassene Ärzte den Reichen vorbehalten sind, strömen Tag für Tag tausende Menschen mit kleinen Leiden in die Ambulanzen, die dafür nicht eingerichtet sind. 

Vor allem das Wiener AKH leidet massiv darunter, dass eines der bestausgestatteten Spitäler Europas sich ständig mit Husten und Kratzern herumschlagen muss.

Der Sturm auf die Ambulanzen schlägt sich auf die Qualität der Spitzenmedizin nieder und kostet dadurch indirekt Menschenleben. Er treibt die Gesundheitskosten in die Höhe und verhindert auch, dass die betroffenen Patienten selbst optimal behandelt werden.

Wie bringt man Menschen dazu, statt ins Spital zum Arzt zu gehen? Abweisen können die Ambulanzen niemanden, bevor sie die hilfesuchende Person nicht untersucht haben. Und dann ist es zu spät.

Steuerung durch Unfreundlichkeit

Derzeit wird vor allem durch aggressive Unfreundlichkeit gesteuert: Patienten werden in den Ambulanzen vom Personal dafür getadelt und beschimpft, dass sie überhaupt hierhergekommen sind. Das ist menschenunwürdig – und gerade bei Menschen mit niedriger Bildung oft wenig wirkungsvoll.

Die Gesundheitspolitik hofft darauf, durch den Ausbau von Gruppenordinationen mit längeren Öffnungszeiten die Patientenströme von den Ambulanzen wegzuleiten.

Aber bessere Angebote allein reichen bei so eingefahrenen Verhaltensmustern nicht aus – vor allem nicht in einem emotionell besetzten Bereich wie der Gesundheit, wo Menschen einfach kein Risiko eingehen wollen.

Deshalb wird man früher oder später nicht um finanzielle Anreize bzw. Pönalen herumkommen, um individuelles Verhalten mit dringenden gesellschaftlichen Erfordernissen in Einklang zu bringen.

Die Ambulanzgebühren unter Schwarz-Blau sind an administrativen und rechtlichen Hürden gescheitert. Aber das Problem hat sich seither verschärft, und praktikable Alternativen sind nicht in Sicht.

Im Vergleich zu den chaotischen Zuständen in den Spitalsambulanzen sind maßvolle Ambulanzgebühren das kleinere Übel. (Eric Frey, derStandard.at, 8.1.2014)