Der Wohnungs- und Büroverkauf am Schillerplatz 4 durch Ex- Telekom-Chef Heinz Sundt an Ex-ÖBB-Chef Martin Huber beschäftigt das Straflandesgericht.

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Wien – Die Causa Schillerplatz, die ab Donnerstag am Wiener Straflandesgericht verhandelt wird, ist um eine Facette reicher. Spät, aber doch, hat die damalige Verkäuferin der Immobilien im Gründerzeitpalais auf dem Wiener Schillerplatz, die Telekom Austria (TA), gegen die Käuferin Schillerplatz 4 Projektentwicklungsgesellschaft (SP4) eine Löschungsklage eingebracht. Die Klagsschrift sei am 12. August 2013 im Wiener Handelsgericht eingebracht worden, bestätigt die TA.

Der Streitwert beträgt laut Standard-Recherchen vergleichweise mikrige 678.000 Euro – und liegt damit deutlich unter jener Differenz, die SP4 zwischen Kauf von der TA (um 5,4 Millionen Euro im Jahr 2006) und Verkauf an Seeste Bau 2008 (zum Preis von knapp elf Millionen Euro) für die (zwischenzeitlich von Hubers um- und ausgebauten) Liegenschaften lukrierte. Der Schnitt, den SP4 brutto gemacht hat, brachte ihren  damaligen Eigentümern, dem Ehepaar Huber Anklage wegen Beitrags zur Untreue ein. Die Genannten bestreiten die Vorwürfe, es gilt ausnahmslos die Unschuldsvermutung.

Der Gerichtssachverständige Roland Popp wiederum hat drei Varianten an Verkehrswerten errechnet, die sich je nach Stichtag zwischen 9,8 und 10,9 Millionen Euro bewegen. Diese im sogenannten Residualverfahren errechneten Beträge werden von allen Beklagten und Verteidigern auf Basis von Privatgutachten vehement bestritten. Das Berechnungsverfahren sei mangelhaft, für eine Innenstadtimmobilie untauglich und überhaupt bedenklich, so der Tenor.

Dass sich die TA zur Löschungsklage (sie zielt auf die Grundbucheintragungen in ihrem früheren Wählamt auf dem Wiener Schillerplatz ab) erst sieben Jahre nach dem Verkauf an SP4 entschlossen hat, rechtfertigt die TA mit Vermögensrechten, die man sich sichern müsse für den Fall, dass ihre ehemaligen Vorstandsmitglieder Heinz Sundt und Stefano Colombo im Strafprozess wegen Untreue und pflichtwidrigen Verhaltens verurteilt werden sollten. Würde der teilstaatliche Telekom unter Führung von TA-Chef Hannes Ametsreiter auf Zivilklage verzichten, wären allfällige Ansprüche verjährt.

Klagsgegner der TA ist freilich nicht mehr der damalige Geschäftspartner Huber, sondern die Südtiroler Seeste Bau, die SP4 im November 2007 via Share-Deal von Hubers erworben hat. Sie hatten die zwei Etagen mit Büros, Wohnungen und ausbaufähigem Dachgeschoß (umgeben von Funkantennen) um- und ausgebaut, sodass Seeste ihrerseits an Unternehmen und Verbraucher weiterverkaufen konnte.

Die Löschungsklage – sie wurde per 5. Dezember ruhend gestellt, um den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten – bringt für die Beteiligten weiteres Ungemach. So wurde Hubers seitens Seeste Bau AG eine Streitverkündung mitgeteilt, wohl um sich ihrerseits die Möglichkeit offen zu halten, als Nebenintervenient auftreten zu können und sich bei  allfälligen Verurteilungen Entschädigungen zu sichern.

Zudem haben Verteidiger die Akten aus diesem Zivilverfahren angefordert, womit reihenweise Privatgutachten zur Verkaufspreis- und Verkehrswert-Ermittlung im Strafprozess erörtert werden können. Ohne diesen Schachzug der TA wäre dies nicht möglich gewesen. Der hinter den Kulissen tobende Gutachterstreit  wird dadurch angeheizt. Geleitet wird der Schöffenprozess gegen die sieben der Untreue (bzw. Beihilfe dazu) Angeklagten von Richterin Claudia Moravec-Loidolt.

Weitere Immobilien-Deals

Mit ihren Zweifeln am damaligen Verkaufspreis und der nun eingebrachten Löschungsklage bringt sich die Telekom freilich selbst in ein völlig neues Licht. Denn sie hat Seeste Bau Ende 2009 und Anfang 2010, also drei Jahre nach dem Deal mit Hubers Schillerplatz-Gesellschaft, weitere Liegenschaften im Ausmaß von 15 Prozent der Nutzwerte und im Gesamtwert von rund vier Millionen Euro verkauft. Auch diese Immobilien, allesamt ehemalige Büroräume der TA-Technik im Wählamt-Palais, wurden von Sundts Nachfolgern unausgebaut um nur 400 Euro pro Quadratmeter teurer veräußert als beim inkriminierten ersten Deal. Die Käuferin hatte also auch Aufwand, ehe sie die Räumlichkeiten weiterverkaufte.

Für Spannung sorgt ab Donnerstag ein weiteres Gutachten, das die damaligen TA-Immobilienverwalter 2008 im Lichte des aufkommenden TA-Korruptionsskandals anfertigen ließen (nachträglich, wie die Staatsanwaltschaft argwöhnt) um den Kaufpreis zu legitimieren. Ausführender Architekt und Ex-Telekom-Prokuristen wird Beweismittelfälschung angelastet. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 8.1.2014)