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Jedes Jahr töten Haie im Schnitt fünf bis zehn Menschen. Jedes Jahr töten Menschen im Schnitt 70 bis 100 Millionen Haie.

Foto: EPA/ALEX HOFFORD / GREENPEACE

Das Epizentrum der Proteste war der Cottesloe-Strand vor der westaustralischen Stadt Perth, wo es in den vergangenen Jahren zu auch tödlich verlaufenen Haiangriffen gekommen war. Trotzdem sprangen tausende Demonstranten ins Wasser, um gegen den Plan des westaustralischen Ministerpräsidenten Colin Barnett zu protestieren, in Strandnähe Haie mit Ködern anzulocken und anschließend töten zu lassen.

Die Regierung will mit dieser Maßnahme auf einen vermeintlichen Anstieg der tödlich verlaufenen Haiangriffe in den vergangenen Jahren reagieren. Wie Barnett meinte, seien in den vergangenen 100 Jahren in den Gewässern Westaustraliens 20 Menschen einem Hai zum Opfer gefallen, "sieben davon in den letzten drei Jahren".

Aus diesem Grund werde die Regierung professionelle Fischer beauftragen, an 72 Orten entlang der Küste mit Ködern versetzte Haken ins Wasser zu hängen. Auch vor dem bekanntesten Strand, Cottesloe, werden seit Montag Köder gelegt.

Auch andere Tiere betroffen

Verfange sich ein Weißer Hai, ein Tigerhai oder ein Stierhai, der länger als drei Meter sei, werde der Fisch getötet und an Ort und Stelle versenkt, so Barnett gegenüber den Medien. Im Dezember starb vor der Stadt Gracetown südlich von Perth ein junger Mann, nachdem er beim Surfen von einem Weißen Hai angegriffen worden war.

Die Pläne der Regierung werden von Strandgängern, Badenden, Surfern fast einstimmig verurteilt. Umweltorganisationen hatten es geschafft, innerhalb weniger Tage 36.000 Unterschriften für eine Petition gegen das Vorhaben zu sammeln. Die Meeresschutzgruppe Sea Shepherd riet Aktivisten am Wochenende, die Auslegung der Köder zu behindern, "natürlich nur mit legalen Mitteln", betonte ein Sprecher.

Die Grünen-Senatorin Rachel Siewert kritisierte, die Praxis sei "grausam, willkürlich und teuer". So würden nicht nur die drei für den Menschen potenziell gefährlichen Haiarten von den Ködern angelockt, sondern vor allem andere Tiere des Meeres: Delfine, gewisse Walarten und Schildkröten.

Laut Ross Weir, dem Gründer der Gruppe "Westaustralier für den Schutz von Haien", gibt es keinen Beweis dafür, dass das Ködern und die Tötung von Haien die Gefahr für Badende und Surfer reduziert.

Verwechslungsgefahr

Einige Experten glauben, die vor der Küste getöteten Haie könnten wiederum andere Meeresräuber anlocken, was die Gefahr für Menschen im Wasser sogar erhöhen würde. In den kühleren Gewässern im Süden des Kontinents sind in der Regel Weiße Haie für die tödlichen Angriffe auf Menschen verantwortlich. Mit bis zu fünf Metern Länge sind sie die gefährlichsten aller Meeresräuber.

Fachleute sind sich uneinig, weshalb die "Killer der Meere" gelegentlich Badende und Surfer attackieren. Eine Theorie besagt, dass die Haie ihre Opfer mit ihrer bevorzugten Nahrung verwechseln - Robben, Seelöwen und Schildkröten.

Trotz der Bedeutung der Weißen Haie an der Spitze der Nahrungskette im Meer weiß die Wissenschaft immer noch relativ wenig über das Verhalten der Tiere. Die Fische gelten aber als gefährdete Tierart, weshalb sie schon vor einiger Zeit unter Schutz gestellt wurden. Diese Gesetze will Colin Barnett "zum Schutz der Bevölkerung" außer Kraft setzen. (Urs Wälterlin aus Sydney, DER STANDARD, 8.1.2014)