Es war der letzte Abend, bevor wir Müd-Seligen und schwer Beladenen uns wieder aufmachen mussten: Zurück nach Schnitzelland aus dem Reich der Myceligen. Wenn ich jemals behauptet habe, und das hab ich nicht einmal, dass ich gar nicht wegen der Trüffel ins Piemont fahre - diesmal komm ich damit nicht davon. Schuld ist nicht nur der Giovanni Pontemonte, der mir diesmal Beistand und Mitesser war.

Auftischen!

Der Giovanni (Klarname der Redaktion bekannt) fackelt nicht lang, wenn ein piemontesischwer Wirt fragt, ob's gegen einen kleinen oder auch mittelgroßen Aufpreis auch ein Trüffelgangerl sein darf. Pontemonte senkt seinen Charakterkopf fast unmerklich wie ein Pate beim Signal zum Abservieren, und jeder Wirt weiß sofort: Auftischen! So geschah's.

In Fabbrica Curone fragte uns keiner, wartete niemand Pontemontes Nicken ab. Gut, es war schon spät, weil die Anreise durch Nacht (am Nachmittag, so ist er eben, der Winter) und Nebel und navi-verdankte Extremkurvenwälder ein bisserl länger dauerte. Gut, dass der Giovanni so ein entspannter Beifahrer ist. 

Trüffel im Dekalog

Das Ziel: La Genzianella im Ortsteil Selvapiana von Fabbrica Curone, hart an der Grenze zur Lombardei und nicht weit von Ligurien und der Emilia, aber noch im Piemont. Nach den Bildern zu schließen, kann man hier auch gelegentlich Skifahren oder Langlaufen. Hügel hätte man hier durchaus, damit die Extremkurvenwälder auch eine Basis finden.

Wenn sich zwei Ösis per Mail für Sonntagabend anmelden, Abendessen und Übernachtung, dann fragt man hier nicht lange. Sondern ernennt den Signore Fidler gleich taxfrei zum Tartufo Imperatore. Das steht jedenfalls über dem langen, sehr langen Menüvorschlag voller Trüffel, schwarzer vor allem, für schlanke 40 Euro pro Kopf und Menü. Und 15 Euro extra pro Nase für hausgemachte Tagliolini mit Trüffeln.

Grammatur-Korrektur

An dieser Stelle muss Pontemonte doch fast unmerklich genickt haben. Oder hatte er nur auf der Karte nach unten geblickt, wo der Preis für weiße Trüffel angegeben war - nicht etwa für das Gramm, sondern gleich für 10 Deka (250, wen's interessiert - und danke für die Grammatur-Korrektur, geschätzte PosterInnengemeinde, erst stand da ja nur ein Deka). Sie kamen. Die Mycele. In Scharen.

Ich kann sie nur empfehlen. Aber sehen Sie selbst (soweit die Beleuchtung und meine auch schon müde Kamera reichten):

Parmesan-Pudding (meine grobe Übersetzung von Bonetto)  mit - genau - Trüffel. Die kleinen Stinker begleiten uns den Rest des Abends treu und innig. Ein feiner Zug von den Wirtsleuten und der Nonna, die hier offenbar aufkocht, wenn ich mich da nicht grob täusche im Küchendienst.

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Ausnahmsweise ohne Mycele, aber umso besser, vor allem die dunkle Wurst im Vordergrund - Namen vergessen, wird von den Wirten selbst gemacht. Und nein, sie rücken keine raus - die vorhandenen Exemplare wären noch zu frisch, sagte man uns. In Fabbrica Curone lassen sich (lang nicht so gute, weil vor Gier ungereift verputzte) Schwesterexemplare finden - natürlich ein Slow-Food-Förderkreis.

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Lang nix gehört von den kleinen Erdknollen? Carne Cruda, eines aus dem Spitzenfeld, mit schwarzen und weißen Trüffelspänen, laut Wirtin aus dem Val Curone. Wird mir immer sympathischer, dieses Tal.

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Die Deko kennen Sie jetzt schon: ein wirklich guter Karfliolflan - mit - naja, was sag ich Ihnen.

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Cremigste Erdäpfel-Cannelloni. Und hab ich erwähnt, dass die Trüffel hier nicht nur sehr großzügig portioniert, sondern auch ziemlich intensiv sind? Jetzt wissen Sie's.

 

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Weiße Trüffel, dafür war die Frau Wirtin extra bei einer der lokalen Trüffel-Auktionen, erzählt sie uns stolz bei der Präsentation, bevor sie aus der ansehnlichen weißen Knolle Kleinholz macht für unsere Nudeln. Muss sagen: eine der besten, nicht nur dieses Jahr.

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Der Hauptgang fällt auch hier wieder eine Spur von den zahllosen Vorgängern ab, aber Schwein mit Haselnüssen und das Kalb mit - Sie wissen schon, Sie wissen schon - waren absolut anständig. Und hungrig waren wir ohnehin schon länger nicht mehr.

 

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Auch ohne Hunger kann man sich fröhlich durch ein ordentlich bestücktes Plättchen mit Käse, gewiss auch aus einem regionalen Slow-Food-Förderkreis, und Honig arbeiten, bevor man auf den flotten Dreier zum Schluss stößt: saftige Maroni-Torte mit Kaki-Sauce, eine Panna Cotta al Caffe aus der Tasse und eine an dieser Stelle dann doch schon etwas deftige Schoko-Mandel-Wurst.

Da hilft ein Enzian - das Lokal ist vermutlich nicht von ungefähr danach benannt (wenn ich das Schnapserl jetzt richtig übersetze).

La Genzianella

Menü wie beschrieben (im Spätherbst 2013): 40 Euro, Aufpreis für weiße Trüffel: 15 Euro.

Haben übrigens auch eine ansehnliche Auswahl an Timorasso - einem oft recht schmucken regionalen Weißwein, der auch seinen Weg in die Dreisterngastronomie der Emilia findet - wie wir demnächst hier erkennen werden. (Harald Fidler, derStandard.at, 28.1.2014)

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