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Trostlos starten viele Polen ins neue Jahr.

Foto: APA/EPA/STANISLAW ROPZEDZIK

Mit einem "Jakos to bedzie" - "Es wird schon irgendwie werden" sprechen sich Polen von klein auf Mut zu. Auch das Vertrauen zu Gott und den vielen Heiligen, die man jederzeit um ein kleines Wunder bitten kann, ist groß. Wenn dann am Ende das Unmögliche wieder einmal möglich wurde, blitzt vielen Polen der Schalk aus den Augen. "Polak potrafi!" – "Ein Pole schafft das!", triumphieren sie. 

Doch in den letzten Wochen und Monaten hat sich die Stimmung vieler Polen verdüstert. Ohne großen Enthusiasmus starten sie ins Jahr 2014. Wieder stehen ein paar historisch wichtige Jahrestage an, die man routiniert feiern wird. Dann die Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II, außerdem EU- und Kommunalwahlen. Alles hübsch und nett, aber faszinierender war die erste Mondlandung, Dolly, das erste geklonte Schaf und auch 1989 die ersten freien Wahlen in Polen nach knapp 50 Jahren Kommunismus.

Kein Beitritt zur Eurozone

Das Krakauer liberalkatholische Magazin Tygodnik Powszechny diagnostiziert bei den Polen eine bislang unbekannte "No Future"-Lethargie. Viele hätten das Gefühl, seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts bereits in der Zukunft zu leben. Die polnische Kultur – Film, Musik, Literatur – komme ohne Zukunftsvisionen aus. Politiker machten Reformen wieder rückgängig und strebten bestimmte Ziele – wie etwa den Beitritt zur Eurozone – schon gar nicht mehr an. Viele Polen hätten ihre Konsumbedürfnisse nach Smartphones, Computern und neuen Autos bereits erfüllt und erwarteten von der Zukunft nichts anderes als die Wiederholung des ewig Gleichen.

Angst vor dem kommenden Jahr hat Boguslaw Chrabota, der Chefredakteur der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita. Ihm geht der Wandel zu langsam. Ohne Ideen für Innovationen werde es in Polen nur ein minimales Wachstum geben. Dabei dauere die Aufholjagd bis heute an. Polen habe den Anschluss an Lebensstandard und Zivilisation des Westens noch nicht erreicht. Doch die Politiker würden wegen der Wahlen wieder in die Trickkiste der Demagogie greifen. Der zu erwartende aggressive Ton lasse aber immer mehr Polen verstummen. Sie könnten sich von der Politik abwenden. Die Gleichgültigkeit vieler Polen könnte sich 2015, wenn Parlamentswahlen anstehen, zu einer realen Gefahr für Polens Demokratie auswachsen.

Das Krakauer Magazin Tygodnik Powszechny rät seinen Lesern, die Sinnfrage des Lebens neu zu stellen und empfiehlt ihnen: "Träumt wieder mehr! Und lebt dann Euren Traum!" (Gabriele Lesser, derStandard.at, 2.1.2013)