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John Kerrys Nahost-Bemühungen stoßen oft auf Skepsis. "Ein Nichtjude wird uns nicht retten" liest dieser Bub auf einem Plakat in der Nähe der Residenz des israelischen Premiers Netanjahu in Jerusalem.

Foto: APA/EPA/ Jim Hollander

Kommentatoren nehmen bei John Kerry schon eine Art "Besessenheit"  bezüglich des israelisch­-palästinensischen Konflikts wahr – am Donnerstag kam der US-Außenminister bereits zum zehnten Mal in zehn Monaten nach Israel.

Doch wenn jetzt schon mehr als die Hälfte der Frist, die Kerry für die Verhandlungen abgesteckt hatte, ohne sichtbares Ergebnis verstrichen ist und seine Auftritte zuletzt nur noch Langeweile verbreiteten, so will der Vermittler im neuen Jahr neue Mittel anwenden: Ein "Rahmenabkommen"  soll die beiden Streitparteien zwingen, sich zumindest verbal weiterzubewegen.

"Wir wissen alle, was die Themen sind", sagte Kerry in Jerusalem unmittelbar vor seinem ersten Gespräch mit Israels Premier Benjamin Netanjahu. "Wir nähern uns rasch dem Zeitpunkt, an dem die Führer schwere Entscheidungen treffen müssen."

Aus Respekt für Kerry haben die Israelis die Ankündigung von neuen Bauvorhaben in Ostjerusalem und im Westjordanland vorläufig aufgeschoben. Die Pläne sollten ursprünglich fast gleichzeitig mit der Freilassung palästinensischer Häftlinge am letzten Dienstag publik gemacht werden.

Die Unterhändler sollen seit vergangenem Juli ungefähr 20-mal zusammengekommen sein, sie haben dabei aber anscheinend nur ständig ihre Grundpositionen wiederholt. Das Rahmenabkommen soll nun eine Richtlinie für Kompromisse diktieren und dabei laut Kerry "alle Kernfragen" anfassen, darunter die Grenzen des künftigen Palästinenserstaats, Jerusalem, die palästinensischen Flüchtlinge und die jüdischen Siedlungen.

Politikum Jordantal

Zuletzt war vor allem die Zukunft des Jordantals in der Debatte gewesen – was unter den Titel "Sicherheitsarrangements"  fällt, aber auch mit der Grenzziehung zu tun hat. Israel sieht in dem Landstreifen eine östliche Sicherheitsbarriere und möchte dort auf unbestimmte Zeit eigene Soldaten stehen haben. "Wenn wir beim Thema Jordantal nicht beharrlich bleiben, wird Israel ein Staat ohne strategische Tiefe sein" , sagte Innenminister Gideon Saar.

Zuvor hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von der "Ablehnung jeder israelischen Militärpräsenz auf dem Territorium des unabhängigen Staates Palästina"  gesprochen: "Unser Vorschlag ist, dass es eine internationale ­Präsenz geben soll."  Kerry hat anscheinend eine zeitlich befristete Stationierung israelischer Soldaten vorgeschlagen, was von beiden Seiten abgelehnt wurde, aber vielleicht jetzt in das Rahmenabkommen hineingeschrieben wird.

Sicher werden die Amerikaner vorgeben, dass die Linie von 1967 mit kleinen Korrekturen die Basis für den territorialen Kompromiss sein muss – was für Netanjahu schwer zu schlucken ist. Vermutlich wird auch von den Palästinensern verlangt werden, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen – was indirekt bedeutet, dass sie auf die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge ins israelische Staatsgebiet verzichten. Das wäre etwas, was Abbas seinem Publikum schwer verkaufen könnte.

Kerry soll nun bis mindestens Sonntag zwischen Jerusalem und Ramallah hin- und herpendeln. (Ben Segenreich aus Tel Aviv /DER STANDARD, 3.1.2014)