Jerusalem/Beirut - Nach den Granaten-Angriffen der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz auf Nordisrael, bei denen am Sonntag erstmals ein Israeli getötet wurde, sind israelische Kampfflugzeuge in der Nacht auf Montag in libanesischen Luftraum eingedrungen und haben die Hauptstadt Beirut überflogen. Wie Augenzeugen berichteten, habe es sich nicht um einen Angriff gehandelt. Jedoch sei unter der Bevölkerung Panik ausgebrochen, als ein Kampf-Jet die Schallmauer durchbrach und ein lauter Knall zu hören gewesen sei.

Die israelische Armee sprach von einem "Warnsignal". Die Kampfflugzeuge überflogen vor allem die südlichen Vororte der libanesischen Hauptstadt, wo die Führer der radikal-islamischen Hisbollah-Milizen ihre Hauptquartiere haben. Stunden zuvor hatten israelische Kampfhubschrauber bereits zwei Luftabwehrbatterien der Hisbollah bei Deir Harfa nahe der Küstenstadt Nakura in Südlibanon zerstört.

Hisbollah wird Attacken fortsetzen

Israels Außenminister Silwan Shalom forderte die Regierungen Syriens und Libanons auf, die von ihnen unterstützten Hisbollah- Kämpfer zu stoppen. Andernfalls "haben wir keine andere Wahl, als uns zu verteidigen", sagte Shalom im Armeesender. Es war der vierte Angriff der schiitischen Miliz seit Freitag früh. Ein Hisbollah- Sprecher kündigte unterdessen an, die Angriffe würden fortgesetzt.

UN-Generalsekretär Kofi Annan verurteilte die Angriffe als schwere Grenzverletzung und Verstoß gegen UN-Resolutionen. Zugleich rief er in einer Erklärung "alle Regierungen, die Einfluss auf die Hisbollah haben", dazu auf, die Miliz von weiteren Angriffen abzubringen. An die Regierung Israels richtete Annan den Appell, "äußerste Zurückhaltung" zu üben.

16-jähriger Israeli starb nach Hisbollah-Angriff

Am Vormittag waren mehrere von der Hisbollah aus Südlibanon abgefeuerte Flugabwehrgranaten im Zentrum der grenznahen Kleinstadt Shlomi im westlichen Grenzabschnitt zwischen Israel und Libanon eingeschlagen und explodiert. Ein 16-Jähriger erlitt so schwere Verletzungen, dass er kurz danach in einem Krankenhaus starb. Vier weitere Personen wurden durch Splitter leicht verletzt. Hisbollah- Sprecher in Beirut erklärten, man habe lediglich israelische Kampfflugzeuge beschossen, die über libanesischem Gebiet flogen.

Die Angriffe hatten am Freitagmorgen mit einem massiven Feuerüberfall auf einen Armeeposten im östlichen Grenzabschnitt begonnen. Dabei wurde ein israelischer Armeeposten in dem von Libanon beanspruchten Gebiet der so genannten Sheba-aFarmen beschädigt, das Israel 1967 während des Feldzugs gegen Syrien besetzt hatte. Israel flog daraufhin schwere Luftangriffe gegen Hisbollah-Stellungen in Südlibanon.

Der Angriff am Sonntag war einer der schwersten Grenzzwischenfälle seit dem Rückzug Israels aus Südlibanon vor über drei Jahren. Zuletzt hatten Hisbollah-Milizionäre im April 2002 einen Soldaten im Grenzgebiet erschossen. Seit dem 21. Jänner dieses Jahres war es dort jedoch weitgehend ruhig geblieben. (APA/dpa/Reuters/AP)