Martina Auer entwickelte einen neuen Tumortest.

Foto: FH Campus Wien

Kuchen und Kekse zu backen, das ist ihr Ding. Rezepte verändern, Zutaten variieren, neue Ergebnisse analysieren. Dabei beschränkt sich Martina Auer nicht auf die gerade zu Ende gegangene Adventzeit. Die 33-jährige Grazerin findet in ihrer Küche das ganze Jahr über einen süßen Ausgleich zu ihrem Laboralltag, in dem sie sich der Realität stellt: der Veränderung von Krebszellen.

Wie für verschiedene Bäckereien gebe es auch für jeden Krebs eine Art Rezept: "Jeder Tumor hat seine eigene, individuelle DNA", erklärt die biomedizinische Analytikerin, "und diese gibt er teilweise an das Blut der Patienten ab." Allein, das Genom eines Tumors ist instabil, es mutiert permanent, verändert seine Rezeptur. Dementsprechend variiert auch das Krebswachstum.

Fortschritte in der Medizin erlauben es heute, die entsprechenden Behandlungen gegen Krebs an das jeweilige Tumorgenom anzupassen. Da sich dieses ständig ändert, variiert auch die Therapie. Besser gesagt: sollte variieren. "Das ist leichter gesagt als getan", verdeutlicht Auer, "man kann ja nicht permanent Tumor-Biopsien durchführen, hin und wieder weiß man auch gar nicht, wo der Tumor im Körper sitzt."

Ausweg aus diesem Dilemma bietet eine Untersuchungsmethode, welche die Forscherin für ihre Masterarbeit am FH Campus Wien erarbeitet hat und heute mit ihrem Team am Institut für Humangenetik der Medizinischen Universität Graz für die klinische Anwendung weiterentwickelt. Die Betonung des Teams ist Auer dabei besonders wichtig: "Im Alleingang funktioniert so etwas nicht."

Die Techniken, die Auer für ihre Arbeit mit dem Titel "Nicht-invasives Tumorgenom-Monitoring aus Plasma bei PatientInnen mit metastasiertem Brustkrebs" verwendet hat, erlauben eine kontinuierliche Überwachung des Tumorgenoms: "Wir nehmen das Blut der Patienten ab, trennen davon das Plasma, isolieren daraus die Tumor-DNA und sequenzieren diese mit speziellen Verfahren." Damit könne ohne großen Eingriff an den Patienten jederzeit bestimmt werden, wie sich die Krebserkrankung entwickelt, und daher die effizienteste Therapie eingesetzt werden.

Was so simpel klingt, hat inzwischen für großes Aufsehen gesorgt. Nach einer Präsentation dieses neuen Verfahrens bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik stellte Auer ihr Projekt kürzlich beim European Cancer Congress (ECCO 2013) in Amsterdam vor und hielt eine Keynote-Lecture vor 3000 Fachleuten. "Das war schon cool", erinnert sich die Genforscherin, "ich habe dabei sehr viel Erfahrung sammeln können." Noch mehr wird sie kommendes Jahr in München beim Kongress der European Association for Cancer Research (EACR) sammeln können, für deren Teilnahme sie das Bauer-Liebmann-Stipendium der österreichischen Krebshilfe erhalten hat.

Als berufliches Sprungbrett will sie die internationale Aufmerksamkeit aber nicht sehen: "Ich strebe keine große wissenschaftliche Karriere an" , konstatiert die impulsive Analytikerin, die ihr Masterstudium der "Biomedizinischen Analytik" seinerzeit berufsbegleitend neben ihrer Vollzeitarbeit durchgezogen hat: "Mir taugt total, was ich derzeit mache - und das will ich auch weitermachen. Wichtig sind mir dabei ein gutes Team und große Freiheit für mich." (Andreas Feiertag, DER STANDARD, 31.12.2013)