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Bouteflika hat sich von seinem Schlaganfall im Frühjahr nicht erholt.

Foto: AP/Djarboub

Algier/Madrid – Das Video verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Der französische Canal+ analysierte die Aufnahmen des Treffens zwischen dem algerischen Staatschef Abdelaziz Bouteflika und dem französischen Premier Jean-Marc Ayrault Mitte Dezember. Zu sehen ist ein algerischer Präsident, der zwar im Rollstuhl sitzt, aber angeregt redet und gestikuliert. Nur wer genau hinsieht, bemerkt, dass es immer die gleichen drei Gesten sind. Die Szene wurde vom algerischen Staatsfernsehen mit mehreren Kameras aus unterschiedlichen Winkeln aufgenommen und geschickt zusammengeschnitten.

In Wirklichkeit hat sich Boute­flika von seinem Schlaganfall im Frühjahr kaum erholt. Die linke Körperhälfte ist weitgehend gelähmt, für lange Diskurse ist der 76-Jährige nicht zu haben. Er redet so leise, dass er kaum zu verstehen ist.

Doch die beiden Parteien, die ehemalige Einheitspartei Nationale Befreiungsfront (FLN) und deren Abspaltung Nationale Demokratische Versammlung (RND), die den Staatschef seit seiner ersten Wahlkampagne 1999 unterstützen, wollen Bouteflika im April erneut für das Amt des Staatschefs aufstellen. Mächtige Verbände wie die Arbeitgeber und die Gewerkschaft UGTA unterstützen dies. Es wäre seine vierte Amtszeit. Bouteflika selbst hat sich bisher dazu noch nicht geäußert.

"Die Opposition steht zusammen und lehnt eine maßgeschneiderte Verfassungsänderung ab, die eine vierte Amtszeit für den Präsidenten ermöglicht" , sagt dagegen Sofiane Djilali, Chef der kleinen Oppositionspartei Neue Generation. "Alle Welt weiß, dass der Präsident krank und nicht in der Lage ist, das Land zu führen. Warum will er nicht einfach einen geordneten Machtwechsel zulassen?"

Die Antwort dürfte im Innenleben der beiden Regierungsparteien liegen. Sowohl die FLN als auch die RND stecken in einer tiefen Krise. Sie waren nicht in der Lage, einen neuen Kandidaten aufzubauen. Eine erneute Kandidatur Bouteflikas soll wohl aus dieser Notlage helfen.

Dieser Plan B sieht nicht nur eine Verfassungsänderung vor, die Bouteflika eine erneute Kandidatur ermöglicht, sondern soll ihm künftig einen Vizepräsidenten an die Seite stellen. Dieser könnte dann die Geschäfte führen und irgendwann übernehmen. Diese Aufgabe könnte dem derzeitigen Premier Abdelmalek Sellal zufallen. Der 65-jährige Diplomat, der mehrmals Minister war, genießt das Vertrauen der Armee.

Der Chefredakteur der Wochenendausgabe der Tageszeitung El Watan, Adnene Meddi, hält ein noch geschickteres Manöver für möglich. Anstatt Wahlen anzuberaumen, könnten FLN und RND die Amtszeit des Präsidenten verlängern. "In der Verfassung könnten sieben statt bisher fünf Jahre festgeschrieben werden" , erklärt er. Zusammen mit einem neuen Vizepräsidenten hätte das Regime dann genügend Zeit, einen Machtwechsel vorzubereiten. (Reiner Wandler /DER STANDARD, 28.12.2013)