Sebastian Kurz handelte schnell. Zwei Tage nach seiner Angelobung wurde die Schaffung eines neuen Strategie- und Planungsstabs im Außenministerium in den Medien verkündet. Die Aufgabe des Stabes, soweit bekannt, ist einerseits die Entwicklung einer langfristigen strategischen österreichischen Au­ßenpolitik und andererseits die strategische Beratung des Ministers in komplexen außenpolitischen Themen.

Mit einer neuen "Nischenstrategie"  – einer Schwerpunktsetzung auf einige strategische Themen und Regionen – will man der Kritik entgegentreten, dass der Au­ßenpolitik strategische Tiefe fehlt. Das außenpolitische Tagesgeschäft wird jedoch nach wie vor vom po­litischen Direktor des Ministeri­ums koordiniert.

Neben externen Faktoren (der EU-Beitritt, der Primat der Innenpolitik, die Größe Österreichs) ist der oft erratische Kurs ein Resultat der antiquierten Organisati­onsstruktur des Ministeriums und des gesamten öffentlichen Sektors in Österreich, die die schnelle Koordinierung und das über den bürokratischen Tellerrand hinausblickende, langfristige strategische Denken erschwert oder ganz und gar unmöglich macht.

"Österreich ist immer im Hintertreffen – um eine Armee, um ein Jahr, um eine Idee" , meinte einst Napoleon Bonaparte vor 200 Jahren. Tatsächlich ist Österreich mit der Schaffung des neuen Strategie- und Planungsstabs einige Jahrzehnte im Rückstand. In den USA wurde bereits 1947 der Policy Planning Staff im amerikanischen Außenministerium (The Department of State) – die Mutter aller modernen außenpolitischen Planungsstäbe – ins Leben gerufen.

Dieser Policy Planning Staff, einst von dem großen Doyen der amerikanischen Außenpolitik George Kennan geschaffen, um den Secretary of State in Strategiefragen zu beraten, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer Kaderschmiede für die Elite des amerikanischen Außenministeriums.

Traditioneller Kerry

Unter Hillary Clinton war der Policy Planning Staff, neben der traditionellen Rolle als hauseigener Thinktank, aktiv in der Formulierung und Umsetzung der US-Außenpolitik beteiligt. Au­ßenminister John Kerry setzt hingegen mehr auf die traditionelle Rolle der Stabsstelle und nützt sie vor allem als Thinktank und für das Verfassen seiner Reden.

Der Einfluss eines Strategie- und Planungsstabs auf die Politik hängt einerseits natürlich von dem persönlichen Verhältnis des Ministers zu den Mitgliedern des Stabes ab. Wie mir Eliot Cohen, ein ehemaliger enger Berater von Secretary of State Condoleezza Rice, mitteilte: "Die persönliche Beziehung zum Minister ist zentral für die Beraterfunktion. Es ist sehr einfach, eine Position wie die eines Beraters oder des gesamten Policy Planning Staff irrelevant zu machen!"  Darüber hin­aus ist neben der Beziehung die Struktur innerhalb des Ministeriums sowie das Verhältnis zu anderen im außen- und europapolitischen Feld tätigen Ministerien von größter Bedeutung.

Für Österreich gilt, dass eine neue strategische Außenpolitik, angeführt vom neuen Strategie- und Planungsstab, nur durch eine allgemeine Reform der Struktur und der Prozesse des Außenministeriums erfolgreich sein wird. Um, wie es das Ziel von Minister Kurz ist, außenpolitisch strategischer und agiler zu handeln, ist eine solche Reform der Strukturen nach modernsten Organisationsmodellen unausweichlich. Die Schaffung eines Planungstabs ist hierbei der erste Schritt in die richtige Richtung.  (DER STANDARD, 28.12.2013)