Stellan Skarsgård (li.) und Tom Payne, hier noch im finster mittelalterlichen England und in "Der Medicus".

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Wien - Im dunklen Zeitalter des elften Jahrhunderts muss ein aufgeweckter, armer Bub namens Rob Cole auf den britischen Inseln miterleben, wie seine Mutter qualvoll stirbt, weil es keine Kur für ihr Leiden gibt. Rob ist damit Vollwaise. Er könnte weiter in der Mine schuften, neben der seine ärmliche Siedlung steht. Stattdessen drängt er sich erfolgreich einem fahrenden "Bader" auf, der zwar auch über keine avancierteren medizinischen Kenntnisse verfügt, aber immerhin ausgerenkte Gliedmaßen und faulige Zähne zu behandeln weiß.

Irgendwann ist aus Rob ein hübscher, wissbegieriger junger Mann geworden. Sein Ziehvater hingegen droht zu erblinden. Ein jüdischer Arzt operiert den grauen Star, und Rob fasst den Entschluss, sich bis ins ferne Isfahan durchzuschlagen, wo ein persischer Gelehrter diese und weitere medizinische Praktiken lehrt. Mit dem anfangs beschwerlichen Ortswechsel wird nicht nur das Licht freundlicher und der Mensch äußerlich gepflegter: Es beginnt der zweite Teil eines Abenteuers, welches uns von der kulturellen Fortgeschrittenheit in Vorderasien ebenso erzählen will wie von der alles verfinsternden religiösen Eiferei, die hier vor allem islamistische Verschwörer pflegen. (So richtig günstig entfalten kann sich das neue Wissen ja eigentlich doch nur auf englischem Boden.)

Diesen doch eher grob vereinfacht dargestellten Ereignissen liegt Noah Gordons gleichnamiger Geschichtsroman Der Medicus / The Physician zugrunde, der erstmals 1986 in den USA erschien. Dieser verkaufte sich bestens - ab 1987 beispielsweise auch in deutscher Übersetzung. Die Leinwandversion hat knapp ein Vierteljahrhundert später nun Philipp Stölzl inszeniert, der unter anderem 2008 für das Bergdrama Nordwand verantwortlich zeichnete.

Ungewaschener Saufkopf

Das Cast der deutschen Großproduktion ist international: Die Hauptrolle hat der junge Brite Tom Payne übernommen. Als seine Mentoren agieren Ben Kingsley, Olivier Martinez und Stellan Skarsgård. Der Schwede hat hier - nach dem gern splitternackigen "nutty professor" in Thor 2 - neuerlich die Gelegenheit, eine deftige Filmfigur, Marke ungewaschener Saufkopf und Weiberant, zu verkörpern. Und das macht ihm sichtlich Spaß. Kingsley hingegen vermag die Aura des großen Lehrers nicht wirklich zu vermitteln. Und auch die Stürmer-und-Dränger-Pose des jugendlichen Helden bleibt eher hölzern.

Gedreht wurde das 26 Millionen Euro teure Abenteuerepos in Marokko, aber auch im Studio in Köln. Vor allem den Innenaufnahmen (und dem salbungsvollen Licht) merkt man das immer wieder an. Auch dramaturgisch hat der überlange Film den schwerfälligen und bisweilen ungelenken Duktus eines jener TV-Mehrteiler, die man seit dem 20. Jahrhundert für die Weihnachtssendezeit gerne in Auftrag gibt. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 28./29.12.2013)