Was feiern wir eigentlich? Der bekannte Mathematik-Autor Rudolf Taschner verwies kürzlich auf die (nicht unplausiblen) Deutungen, wonach die Frühchristen Weihnachten einführten, um einen in Rom sehr populären Sonnenkult ("Sol invictus") zu verdrängen: "So gesehen war Weihnachten schon immer das, was es heute so offensichtlich ist: ein zutiefst heidnisches Fest."

Tatsächlich mutet das manchmal an wie ein indianischer Potlatsch, wo exzessives Schenken den sozialen Status demonstriert. Und wer je bei einem aus dem Ruder laufenden Weihnachtsfamilienabend war, wie ihn Vea Kaiser (Blasmusikpop) im letzten Standard-ALBUM so wahrhaftig schilderte, denkt nicht prioritär an "Fest der Liebe". Dennoch gibt es viele Menschen, die das Fest in tiefer Spiritualität feiern und tatsächlich noch als Gemeinschaft. Christenverfolgung ist nicht etwas, was vor fast 2000 Jahren im Kolosseum von Rom praktiziert wurde, sondern eine aktuelle, blutige Realität.

Rund hundert Millionen von den etwa zwei Milliarden Christen werden heute verfolgt, lautete eine Schätzung - die Meldungen darüber tauchen, nicht allzu sehr beachtet, immer wieder auf. Ein radikaler Islam, der von der Moderne verunsichert ist, sucht in oft mörderischen Attacken auf Christen offenbar eine Art Selbstbestätigung. Wer im Ägypten, Nigeria oder Syrien von heute Weihnachten feiert, muss sich nicht die Sinnfrage stellen.  (RAU, DER STANDARD, 24.12.2013)