Bad Eisenkappel hat keine Angst vor Neuem. Die 2400-Seelen-Gemeinde am südlichsten Zipfel Österreichs stemmt sich mit mehreren Initiativen gegen die Landflucht der Menschen. Ein modernes Energiemanagementsystem sorgt für eine stetige Optimierung von Gebäuden und Infrastruktur. Mit Photovoltaik-Anlagen, Pelletswerk und kleinen Wasserkraftanlagen wird Energieautarkie angestrebt. Bergbauern verkaufen ihre Produkte im Rahmen einer Kooperation in einem eigenen Geschäft unten in der Stadt.

"All das kann die öffentliche Verwaltung anstoßen", sagt Benedikt Speer, Professor für Public Management an der FH Kärnten über die Vorzeigegemeinde. Er möchte, dass solche Beispiele, bei denen die öffentlich Bediensteten gemeinsam mit Unternehmen und Bevölkerung kreative Lösungen finden, Schule machen - und das über Grenzen hinweg. Als Leiter des Projekts "NEXT4PA" sollen Verwaltungsbedienstete aus Österreich, Italien und Slowenien voneinander lernen und Ansätze überlegt werden, wie mit einfachen, kreativen Methoden öffentliche Dienstleistungen verbessert werden können.

Neben Beamten aus Bad Eisenkappel nehmen Kollegen aus Hermagor, Zell am See, Lienz und von der Kärntner Landesregierung teil. In regelmäßigen Workshops mit ihren Pendants aus den Nachbarstaaten versuchen sie mehrere "Challenges", wie Speer sie nennt, zu meistern.

"Innere Motivation"

Eine Umfrage unter Führungskräften im Verwaltungsdienst, die zurzeit durchgeführt wird, soll helfen zu klären, wie Kreativität in diesem Bereich überhaupt definiert sein kann. Wie kann man sie messen? Wie fördern? "Die Motivation der Mitarbeiter funktioniert im öffentlichen Bereich anders als in Privatunternehmen", sagt Speer. Nicht monetäre Anreize, sondern eine "innere Motivation, der Wille etwas für das Gemeinwohl zu tun", sei ausschlaggebend. Man müsse transparent machen, was die Beamten leisten, um bestehende Vorurteile abzubauen. "In Europa lachen alle über dieselben Beamtenwitze," sagt Speer, "dabei erzielen Behörden bei Umfragen oft Zufriedenheitswerte von über 80 Prozent. Sie werden durchaus als serviceorientierte Dienstleister gesehen. Auf solche Zahlen sollen private Unternehmen einmal kommen."

Eine Herausforderung betrifft die Verstärkung der wirtschaftlichen und touristischen Zusammenarbeit der drei Länder innerhalb der grenzüberschreitenden "Euregio Senza Confini". Man habe kaum Erfahrung mit Projekten, an denen drei Länder beteiligt sind, sagt Speer. Hier gehe es darum, mit kulturellen Differenzen umgehen zu lernen, die jeweiligen Terminologien des anderen - auch über die gemeinsame Sprache Englisch - zu verstehen: Auf der einen Seite der Grenze verstehen die Beamten unter "Agenda" vielleicht etwas ganz anderes als auf der anderen, erklärt Speer. "Viele Projekte scheitern an Missverständnissen."

Die neue Interaktion trägt bereits Früchte: Gemeinsames Brainstorming zur Behebung von Problemen beim Kulinarik-Festival Gusti di Frontiera in Gorizia in Italien brachte schnell gute Lösungen, erzählt Speer. Letztlich soll das Ergebnis des bis Ende 2014 laufenden Projekts auch eine bessere Vernetzung der Verwaltungen sein.

Die Gemeinde-App

Die Vorzeigegemeinde Bad Eisenkappel stellt sich im Rahmen von "NEXT4PA" einer besonderen Herausforderung: In einem interaktiven Prozess entwickelt die Gemeindeverwaltung eine App, wobei die Bürger über die Funktionen mitbestimmen. Die Bad Eisenkappler sollen damit 24 Stunden am Tag mit ihrer Gemeinde kommunizieren können. Verschiedenste Bereiche von der Sicherheit bis zur Müllentsorgung, vom Verkehr bis zu Terminvereinbarungen mit dem Bürgermeister sollen abgedeckt werden.

"Die Bewohner haben mehr als 100 Ideen beigesteuert", sagt Speer. Auch ein "Tipp des Tages für eine positive Einstellung" soll dabei sein. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 24.12.2013)