Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz rät den europäischen Staaten dringend, sich als Konsequenz aus dem Spähskandal um den US-Geheimdienst NSA technologisch stärker von den Vereinigten Staaten abzukoppeln.

Förderung europäischer Hardware und Software

"Wenn wir aus der NSA-Affäre eine Erkenntnis ziehen können, dann ist es die, dass wir in Europa technisch weit zurückliegen", sagte Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Förderung europäischer Hardware- und Software etwa im Mobilfunksektor sei anzudenken, um mehr Unabhängigkeit von den USA zu erlangen, aber auch von China.

Maaßen zog dabei Parallelen zur Entwicklung der Luftfahrtbranche im vergangenen Jahrhundert: "In den 1970er und 1980er Jahren haben wir Europäer gesagt, dass wir uns nicht länger durch die Amerikaner, durch die Firma Boeing, in der Luftfahrtindustrie dominieren lassen wollen. Heute gibt es den Weltkonzern Airbus." Heute stelle sich nun die Frage, "ob wir im Bereich der sensiblen IT-Technik bis hin zu Anti-Viren-Programmen autonomer werden wollen".

Nicht mehr auf Höhe der Zeit

Das derzeitige Instrumentarium der deutschen Sicherheitsbehörden ist nach Ansicht Maaßens schlichtweg nicht mehr auf der Höhe der Zeit. "Unser Gegenüber, Extremisten und Terroristen, benutzen heutzutage ganz moderne Technik", sagte er im Interview. "Dazu brauchen wir einfach auch eine bessere technische Ausstattung."

Der oberste Verfassungsschützer äußerte sich außerdem erstaunt über Berichte, wonach die US-Geheimdienste auch Spitzenpolitiker befreundeter Staaten ausspähten, darunter das Handy von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Ich habe es als realistisch angesehen, dass ausländische Nachrichtendienste sich für Telefongespräche der deutschen Regierungschefin interessieren und nach Möglichkeit versuchen, auch die Telefongespräche der Bundeskanzlerin mitzuhören", sagte Maaßen.

"Aber ich habe mir nicht vorgestellt, dass auch unsere ausländischen Partner das tun würden." Künftig müsse deshalb auch beobachtet werden, "was Partner und Freunde in Deutschland tun". (APA/AFP, 23.12.2013)