Aufgeschrieben habe ich das natürlich nie, auch nicht als Brief ans Christkind. In dem Alter, als ich noch ans Christkind glaubte, war die Sache noch nicht akut. Und später dann, als auch das Christkind vermutlich nicht mehr viel hätte ausrichten können, wäre es mir zu peinlich gewesen so einen Wunsch auch nur zu formulieren, irgendwo auf der Weihnachtsgeschenke-Liste zwischen Walkman und Legwarmers. Aber dringlichkeitsmäßig wäre dieser Wunsch sicherlich immer ganz oben auf meiner Liste gestanden, noch vor dem Soundtrack von Flashdance.

Was wäre da zu lesen gewesen? Bitte lass Mama und Papa wieder zusammenkommen. Ein Wunsch dessen Absurdität mir gleichzeitig immer schon voll und ganz bewusst war. Nichts desto trotz habe ich in meinem jugendlichen Leben eine ganze Menge Münzen verkehrt stehend in Brunnen geworfen, um mir genau das zu wünschen. Und bis heute kann ich nicht nicht an diesen Satz denken, wenn irgendwo mit Münzen, Wünschen und Brunnen hantiert wird. Aber, wenn wir, vorweihnachtlich eingestimmt, nur kurz an die Kraft der Wünsche glauben, was hätte in einem Brief ans Christkind stehen können oder noch besser, was könnte da jetzt stehen, das Sinn macht für das Leben von Familien nach der Scheidung?

Geburt eines unehelichen Kindes

Liebes Christkind, könnte da zum Beispiel stehen, bitte mach allen Trennungskindern klar (immer und immer wieder), dass sie nicht der Grund dieser Trennungen sind. Lass alle Nachscheidungs-Eltern nicht um die Gunst ihrer Kinder konkurrieren, sondern die Ex-Partner weiter als Eltern kooperieren, sie müssen auch keine Freunde werden. Und nicht vergessen: Bitte sorg' dafür, dass Kinder nicht in Loyalitätskonflikte zwischen ihren Eltern geraten und dass der Kontakt zu Mutter oder Vater durch den jeweils anderen Elternteil gefördert wird ...

Wir wollen das ohnehin zur Zeit viel beschäftigte Christkind nicht überstrapazieren und angesichts der Tatsache, dass am Heiligen Abend die halbe Welt die Geburt eines unehelichen Kindes (mit ungeklärter Vaterschaft) feiert, hoffen, dass das Christkind einen Sinn hat für dieser Art Wünsche. Um den Weltfrieden und Schnee am Heiligen Abend müssen sich jetzt andere kümmern. (Mia Eidlhuber, derStandard.at, 22.12.2013)