Das Team hinter "Data Dealer"

Foto: ZIT Content Award
Foto: Data Dealer

Ein Browserspiel, das bereits vor seiner Veröffentlichung für gehörig Aufmerksamkeit gesorgt hat und im Juni mit dem "Games for Change Award" in New York ausgezeichnet wurde, kommt aus Wien: Mit dem bissig-kritischen "Data Dealer" hat das Team rund um Wolfie Christl den Nerv der Zeit getroffen. Das Spiel, das derzeit von einigen tausend Spielern getestet wird, soll 2014 für alle online gehen.

Non-Profit

Mit dem Spiel, in dem man als skrupelloser Datenhändler fiktive Online-Plattformen wie "Tracebook", "Smoogle" oder Partnerbörsen nach heiklen Informationen abgrast, die man dann gegen Bares an den Staat oder an private Interessenten abtritt, befinden sich die Entwickler in der "Serious Games"-Sparte und damit konsequenterweise auch im Non-profit-Bereich. "Wir sind ein Social Enterprise, das natürlich betriebswirtschaftlich arbeitet, aber keine Gewinne macht. Wir investieren alles wieder in die Entwicklung", so Christl im APA-Gespräch.

Das Budget, mit dem "Data Dealer" entwickelt wurde, ist erschreckend überschaubar: "250.000 Euro und sehr viel Eigenleistung" seien in das Projekt geflossen, so Christl. Zum Vergleich: Der amerikanische Zynga-Konzern ("Farmville") steckt laut Christl jährlich mehrere hundert Millionen Dollar in die Entwicklung seiner Online-Spiele. Die Entwickler von "Data Dealer" holten sich einen Teil ihres Budgets direkt von den Spielern: Auf der Crowdfunding-Plattform "Kickstarter" generierten sie 50.000 Dollar (rund 36.000 Euro), um die Vollversion fertigstellen zu können.

Pädagogisches Moment

Bei "Data Dealer" kommt im Gegensatz zu den meisten kommerziellen Spielen jedoch auch das pädagogische Moment nicht zu kurz, da man beim Spielen ebenso erfährt, was in der Realität mit den privaten Daten im Internet so alles an Unerwünschtem passieren kann. "Der Spielspaß ist aber schon sehr wichtig, wir wollen nicht öde mit dem Zeigefinger aufklären", unterstreicht Christl. "Data Dealer" setze spielerisch auf Vermittlung von Inhalten, der "Social Impact" sei entsprechend groß.

Mit den gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien beschäftigt sich der 36-Jährige schon seit den späten 1990er-Jahren, von 2000 bis 2006 war er Mitarbeiter der Wiener Netzkulturinitiative Public Netbase. Umso mehr war er überrascht, dass das Thema mit Bekanntwerden der Überwachungsmethoden der NSA "so massiv zurückkommt": "Die Kombination aus kommerzieller und staatlicher Überwachung ist aus Perspektive der Grundrechte das schlimmste Horror-Szenario", so Christl. Das Spiel "Data Dealer", das seit zwei Jahren und somit weit vor Bekanntwerden der NSA-Affäre entwickelt wurde, versammelt beide Aspekte.

Wirkung aufs Unterbewusstsein

Die Frage, ob er glaubt, dass "Data Dealer" im Unterbewusstsein der Spieler deren Online-Verhalten verändere, beantwortet Christl mit einer Anekdote: So hätte ihm ein Vertreter von "Nike" bei der Verleihung des "Games for Change Awards" aus der Jurysitzung berichtet, wonach den Mitgliedern erst einige Tage nach dem Testen des Spiels aufgefallen sei, dass sie bei diversen Datenangaben etwa bei Neu-Anmeldungen im Internet wieder an das Spiel denken mussten und ihr Online-Verhalten hinterfragten.

Aufgrund der zahlreichen Rückmeldungen, die "von 16-Jährigen bis zu Medienpädagogen und Lehrern reichen", hat Christl auch schon ein neues Projekt auf dem Schirm: "Wir haben die Idee, eine Schulversion von 'Data Dealer' zu machen, samt Unterrichtsmaterialien für die Lehrer." Es gebe aber auch noch viele andere Ideen für Nachfolgeprojekte, etwa ein Spiel über die Lebensmittelindustrie. Klarerweise habe es aufgrund der großen internationalen Medienpräsenz seither zahlreiche Anfragen gegeben, "aber wir wissen, was wir nicht wollen: nämlich ein kommerzielles Browserspiel". (APA)