Wien - Im Künstlerhaus tobt ein Machtkampf zwischen Vorstandsmitgliedern, die bisher das Sagen hatten, und dem neuen Präsidenten Michael Pilz. In einem offenen Brief fordert der Architekt Bernd Stanzel nun im Namen mehrerer Mitglieder der Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs unter anderem die "Abberufung" von Peter Zawrel, der seit Februar die Gmbh, eine Tochter des Vereins, leitet. Zawrel, von 1999 bis 2011 Geschäftsführer des Filmfonds Wien, findet die Vorwürfe "geradezu lachhaft" und überlegt juristische Schritte.
Pilz, im November 2012 zum Präsidenten gewählt, nahm sich vor, den Verein neu zu strukturieren. Er und seine Mitstreiter erachteten zum Beispiel die Existenz einer zweiten GmbH als nicht zweckdienlich. Zudem sollte der Verein zeitgemäße Statuten erhalten - und der Vorstand bereits nach den neuen Regeln gewählt werden. Doch dazu kam es nicht: Sympathisanten des alten Vorstands sahen in den neuen Statuten eine "Bedrohung der Institution". Man lehne, so Stanzel, eine Konzentration der Macht auf eine Geschäftsführung und den Präsidenten "unter Ausschaltung des Mitbestimmungsrechts des Vorstands" ab. Die neue Mannschaft hingegen betont, die Künstler weit mehr einbinden zu wollen.
Die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde jedenfalls in der letzten Sitzung knapp verpasst. Die Funktionsperiode des Vorstands lief aber aus. Das neue Gremium muss daher nach dem alten Statut gewählt werden. Und nun prallen juristische Meinungen aufeinander: Andreas Nödl, bisher Syndikus und Vorstandsmitglied, hielt die Wahl, die für Mittwochabend anberaumt war, für nicht zulässig; Präsident Pilz hingegen vertraut Thomas Höhne, einem ausgewiesenen Experten für Vereinsrecht. Höhne arbeitete an den neuen Statuten mit und soll, auf Bitte von Pilz, künftig als Syndikus fungieren, der laut geltendem Statut erforderlich ist.
Nödl, Mitglied des gemeinnützigen Vereins, ließ sich seine Tätigkeiten bezahlen. Er kritisiert im Gespräch mit dem Standard, dass "Dinge am Vorstand vorbei gemacht" worden seien, und sagt: "Die Liquidität ist am Ende." Konkret geht es um die erfolgte Renovierung des Kinos, das seit wenigen Wochen vom Stadtkino betrieben wird. Ohne die - dringend notwendige - Sanierung hätte das Kino nicht auf 20 Jahre verpachtet werden können, sagt Zawrel.
Die Arbeiten hätten aber, so Stanzel, "massive Kostenüberschreitungen" verursacht. Die finanzielle Situation sei bedrohlich: "Das Künstlerhaus steht am Rande der Zahlungsunfähigkeit, wenn vonseiten der Wirtschaftsinitiative Wink unter der Leitung von Beppo Mauhart kein Darlehen vorgestreckt werden sollte."
Zawrel erklärt, dass die Kosten tatsächlich explodiert seien (auf insgesamt 580.000 Euro), weil sich die Schäden in der Fassade des Gebäudes als weit größer als gedacht herausstellten. Wink sei aber von Anfang an in das Projekt eingebunden gewesen und hätte jeden Auftrag freigegeben. Zudem ist die Sanierung des Künstlerhauses das ausdrückliche Vereinsziel von Wink. Es brauche daher gar kein "Darlehen" .
Wink sammelt seit Jahren Geld für die Sanierung. Beppo Mauhart träumt von der Umsetzung eines großen Projekts; doch er konnte bisher weder den Bund noch die Stadt Wien von seiner Idee einer Drittelfinanzierung überzeugen. Nun müssten eben, so Zawrel, sukzessive die Arbeiten in Angriff genommen werden. Die Haustechnik z. B. sei vollkommen überaltet. Ohne Wink gehe es nicht: Er, Zawrel, habe den Betrieb mit einem Defizit übernommen.
Doch schon droht neues Ungemach. Als einträgliches Geschäft hatte sich für Wink in den letzten Jahren die Vermietung des riesigen Gerüsts erwiesen. Zu sehen waren u. a. eine Bundesheerwerbung und riesige Bikinischönheiten von H&M. Gerüchteweise hieß es, man habe das Gerüst illegal aufgestellt. In der Stadt Wien will man nicht länger ein Auge zudrücken: Das Gerüst habe bis Mitte Jänner entfernt zu werden, weil es das Stadtbild störe. Eine Berufung sei unzulässig. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 19.12.2013)