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Nach zähem Ringen zeichnet sich eine Einigung ab - für die Abwicklung maroder Banken als auch für den Schutz der Sparer.

Foto: Reuters/Leonhard Foeger

Brüssel - Nach zähen Verhandlungen rückt ein Kompromiss im Streit um die Bankenunion näher. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sprach von einem Durchbruch. Bis zum am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel soll es eine Einigung geben. Ziel der geplanten Bankenunion ist es, die Steuerzahler besser vor zukünftigen Krisen im Finanzsektor zu schützen. Bestandteil ist neben der gemeinsamen Aufsicht der Bankenabwicklungsmechanismus. Geklärt werden muss dabei etwa, wer entscheidet, welche Bank abgewickelt wird und wie das finanziert wird.

Und hier ist etwa für den deutschen Bankenexperten Hans-Peter Burghof auch die Krux. Eigentlich müsse man erst eine unabhängige Aufsichtsbehörde, die ihren Namen verdiene, ins Leben rufen, die sich um die Abwicklung maroder Geldinstitute kümmere, so Burghof. Einerseits sei es richtig, europaweit die Banken zu regulieren und deswegen einen gemeinschaftlichen Fonds einzurichten. Andererseits bestehe die Gefahr, dass eine zentralisierte Bankenaufsicht der Diversität des europäischen Bankensystems nicht gerecht werde, ja dieses sogar gefährde. "Ein solches Gremium geht von den Geschäftsbanken aus, hat aber keine Ahnung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken", warnt Burghof im Gespräch mit derStandard.at und betont, dass "höhere Diversität im Bankensystem für höhere systemische Stabilität sorgt".

Ob am Ende die Kommission oder der Rat der Finanzminister das letzte Wort hat, ist offenbar weiter strittig. Die Europäische Kommission hält Burghof keineswegs für das geeignete Gremium, um das letzte Wort bei Bankenpleiten zu haben. "Hier wird die fachliche Komponente ganz eindeutig von der Politik dominiert", sagt Burghof. "Wir haben dann nicht ein Europa der Bürger, sondern ein Europa der Staaten." Die nationale Politik, die derzeit über das Wohl und Wehe der Institute entscheide, müsse sich zumindest vor dem Wähler verantworten, so Burghof.

Mehr Schutz für Sparer

Worauf sich Unterhändler von EU-Staaten, Europaparlament und EU-Kommission am späten Dienstagabend in Brüssel ebenfalls geeinigt hat: Die EU will Spareinlagen von Privatleuten bei Bankenpleiten besser schützen. So sollen Bankkunden zum Beispiel im Krisenfall schneller als bisher auf ihr Erspartes zurückgreifen können.

Die Volksvertreter und die Staaten müssen den Kompromiss noch formal billigen. Mit den neuen Regeln zieht die EU eine weitere Lehre aus der Finanzkrise. Während die EU im Krisenfall künftig Aktionäre und Gläubiger im Krisenfall stärker in die Pflicht nehmen will, sollen kleine Sparer mit Guthaben bis zu einer Höhe von 100.000 Euro ihr Geld behalten können. Auf ihr Geld sollen Bankkunden künftig bereits nach sieben statt bisher zwanzig Werktagen zugreifen können, erklärte der deutsche SPD-Europaabgeordnete Peter Simon. Er verhandelte für das Parlament.

Maßnahme gegen "Banken-runs"

Mit den Auflagen will die EU auch verhindern, dass es zu "Banken-Runs" kommt, bei denen Kunden angeschlagener Institute panisch ihr Geld abheben - und die Geldhäuser in noch größere Bedrängnis bringen.

Um die Kunden abzusichern, sollen die Banken künftig Geld in spezielle Notfall-Fonds einzahlen. Die Größe der Fonds muss laut Kompromiss mindestens 0,8 Prozent der abgesicherten Einlagen entsprechen, teilte die Ratspräsidentschaft mit. Die EU-Staaten hatten einen laxeren Wert von 0,5 Prozent gefordert, das Europaparlament 1,5 Prozent. In Deutschland gibt es solch einen Krisenfonds bereits.

Abwicklung maroder Banken

Darüberhinaus haben sich die Finanzminister der Euro-Zone am frühen Mittwochmorgen grundsätzlich darüber verständigt, wie die Abwicklung maroder Banken in Europa künftig finanziert werden soll. Bis Donnerstagmorgen wollen die EU-Finanzminister eine Einigung erreichen, damit die EU-Staats- und Regierungschefs dem Abwicklungsmechanismus bei ihrem Gipfeltreffen Ende der Woche ihren Segen geben können.  Die Banken sollen binnen zehn Jahren rund 55 Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen, aus dem die Kosten zur Schließung von Geldhäusern gestemmt werden sollen. Auch hier sieht Burghof noch reichlich Diskussionsbedarf: "Welche Banken zahlen wieviel ein? Wer kontrolliert das Geld, das in eine zu rettende Bank fließt?"

In der Zwischenzeit, wenn die Fondsmittel noch nicht ausreichen, soll es einem Entwurf der Euro-Finanzminister zufolge eine Überbrückungsfinanzierung geben. Notwendiges Kapital zur Abwicklung einer Bank wird aber laut dem deutschen Finanzminister Schäuble auch in Zukunft nicht direkt aus dem Euro-Rettungsschirm ESM stammen. "Heute Nacht haben wir vereinbart, dass das nicht über den ESM geschehen kann", sagte der CDU-Politiker. Damit hat sich die deutsche Bundesregierung offenbar mit einer ihrer Kernforderungen durchgesetzt. Zuvor hatten Euro-Länder wie Frankreich dafür plädiert, zumindest für die kommenden Jahre den ESM nutzen zu können, um marode Banken mit Krediten schnell zur Seite springen zu können.

Nach 2025, wenn der Fonds gefüllt ist, könnten im Notfall zusätzliche Mittel beschafft werden, indem sie der Fonds selbst leiht, heißt es in dem Entwurf weiter. Während der Übergangsphase werde ein gemeinsamer backstop entwickelt. Ein solches Auffangnetz werde eine Kreditaufnahme durch den Fonds erleichtern. (Reuters/red, derStandard.at,  18.12.2013)